Zwischen Saale und Milz Station 03 Wasser als Verteidigung
Schloss, 97633 Höchheim, Deutschland
Zwischen Saale und Milz Station 03
Wasser als Verteidigung
Das Wasserschloss Irmelshausen
Das Wasserschloss Irmelshausen von Norden © RhönTravel - Urlaubs- & Genussportal
Das Wasserschloss Irmelshausen , vor dem wir gerade stehen, ist eines der schönsten, gepflegtesten und bemerkenswertesten Schlösser Unterfrankens. Die vollständig erhaltene mittelalterliche Anlage gilt als eine der schönsten Wasserburgen Frankens. Seit 1376 durchgehend im Besitz des Adelsgeschlechts von Bibra, seit 1984 zur Hälfte im Besitz der Familie der Grafen Stauffenberg, hat es die verschiedenen Kriege und Umstürze der Jahrhunderte glücklich überstanden und war niemals längere Zeil verlassen oder auch nur vernachlässigt. Da beide Familien die Burg noch heute bewohnen, kann die Burg nur von außen besichtigt werden. Den Teil der Burg den wir auf dieser Runde thematisieren wollen, sehen wir aber auch von außen: den Burg- oder Wassergraben.
Verteidigungselement und Freizeitgestaltung
Ein deutlich ausgeprägter Trockengraben vor dem Castillo de la Mota, Valladolid, Spanien, gemeinfrei
Der Burggraben ist grundsätzlich ein Annäherungshindernis im unmittelbaren Vorfeld einer mittelalterlichen Burg und dient vor allem der Verteidigung der Anlage. Durch den Graben wurden Angreifer daran gehindert, unmittelbar an das Tor oder die Mauer zu gelangen. Insbesondere der Einsatz von schwerem Belagerungsgerät, wie Wandelturm oder Rammbock konnte dadurch effektiv behindert werden. Grabenhindernisse waren bereits bei antiken Befestigungsanlagen weit verbreitet. Auch im neuzeitlichen Festungsbau blieb der Graben ein wichtiger Bestandteil.
Die häufigste Art des Burggrabens war der Trockengraben, der durch seine Tiefe und gegebenenfalls durch steile Böschungen die Annäherung an die Burg erschwerte. Wassergräben kamen praktisch nur bei Niederungsburgen vor. Bei Höhenburgen war die Anlage eines Wassergrabens konstruktiv nicht sinnvoll und überdies war hier Wasser äußerst rar – oft war die Anlage eines Brunnens das aufwendigste und teuerste Bauvorhaben, wenn der Brunnenschacht durch viele Meter Fels bis auf das Grundwasserniveau getrieben werden musste.
Doch das Anlegen eines Wassergrabens rund um Niederungsburgen stellt die Bauherren der damaligen Zeit ebenfalls vor diverse Herausforderungen. Die statische Sicherung der Gebäude einmal ganz abgesehen:
Lag die Burg entsprechend tief (oder der Grundwasserspiegel relativ hoch) reichte ein Graben der schlicht tief genug war um sich mit Grundwasser zu füllen. Gräben mit stehendem Wasser hatten aber den Nachteil, dass das Wasser schnell faulig wurde und der Graben versumpfte, wodurch er leicht zu einer Brutstätte für Krankheitserreger werden und allgemein die Lebensqualität auf der Burg mindern konnte.
Allerdings gab es auch Burganlagen, die absichtlich in ein Sumpfgelände gebaut wurden (Sumpfburgen), da durch das morastige Gelände die feindliche Annäherung besonders effektiv erschwert wurde.
Lag die Burg deutlich über dem Grundwasserspiegel, war man auf vorbeifließende Bäche oder Flüsse und in der Regel auf aufwändige Kanäle angewiesen, die den Wassergraben speisten und auch wieder entwässerten. Das brachte den Vorteil, dass man das Verteidigungselement gleichzeitig als Nahrungsmittelquelle nutzen konnte, da man Fischzucht betreiben und sich sein Abendessen quasi ganz bequem „von der Burgmauer“ aus angeln konnte.
Das Wasserschloss Irmelshausen samt vorgelagertem Burggraben, Bild von Bbb, CC BY-SA 1.0
Die Gräben einiger Niederungsburgen und Stadtbefestigungen wurden übrigens auch erst im Angriffsfall geflutet. Dazu musste ein Fluss oder See in der Nähe der Anlage vorhanden sein. Besonders Städte ersetzten den Wassergraben gerne durch ein System vorgelagerter Teiche, die in Friedenszeiten ebenfalls als Fischteiche dienen konnten und die Nahrungsmittelversorgung verbesserten.
Die Baumeister des Wasserschlosses Irmelshausen kombinierten wahrscheinlich einige dieser Techniken: Sie gestalteten durch Anstauung der Milz ein sumpfiges Gelände, in dessen Mitte sie eine künstliche Insel schufen, auf die sie die unregelmäßige, fünfeckige Burg mit ihren steinernen Untergeschossen und Fachwerkaufsätzen aufbauten. Auf diese Weise entstand ein weitläufig sumpfigerer Milzgraben sowie ein Wassergraben um die Burg, welche effektiv vor Angreifern schützten und durch die immer noch vorhandene Verbindung zur Milz war eine mehr oder weniger unabhängige Wasserversorgung und ein konstanter Wasseraustausch gegeben.
Mit dieser aufwändigen Verteidigungstechnik hat es das Schloss Irmelshausen geschafft, die Jahrhunderte zu überdauern. Glücklicherweise – sonst könnten wir dieses wunderbare Ensemble heute nicht in dieser Fülle bestaunen und berichten können.
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