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Abt-Degen-Weintal-Radweg Station 02: Der Weinbau in Franken

Am Pfaffenberg, 97500 Ebelsbach, Deutschland

Station 02

Der Weinbau in Franken

 

Weinbau in Franken

Nachdem wir an Station 1 erfahren haben, wie sich die Weinrebe seit der Zeit der Dinosaurier bis in das Anthropozän, dem Zeitalter der Menschen, entwickelt hat und wie sie es bis ins heutige Europa geschafft hat, wollen wir hier in Steinbach die Entwicklung des Weinbaus in Franken genauer betrachten.

Die Winzertreppe in Steinbach – ein Stück fränkischer Weinkultur-Geschichte © Abt-Degen-Weintal

 

Die Anfänge

Basierend auf der aktuellen Datenlage geht die Forschung davon aus, dass die Weinrebe in der Karolingerzeit (ca. 750 bis ca. 1.000 n. Chr.) ihren Weg ins heutige Franken fand. Wahrscheinlich etablierte sich die Rebkultur, vom heutigen Frankreich aus kommend, zur Zeit von Karl dem Großen (von 768 bis 814 König des Fränkischen Reichs). Die ersten schriftlichen Nachweise von Weingärten gehen auf die 770er Jahre zurück und listen explizit Weinberge („vineis“) auf. 

So schenkte bspw. am 7. Januar 777 Kaiser Karl persönlich den Reichsbesitz Hammelburg an das Kloster Fulda. Die Urkunde wird gemeinhin als erste Nennung von Weinreben im späteren Franken angesehen, weil sie die erste Siegelurkunde darstellt, in der Weinbau Erwähnung findet. In diesem Schenkungs-Diplom werden die Weinberge neben Feldern, Wiesen, Wäldern und Gewässern als erstes genannt, was auf die Bedeutung dieser landwirtschaftlichen Sonderkultur hinweist.

Der Codex Eberhardi, ein vom Mönch Eberhard um 1150 angelegtes zusammenfassendes Verzeichnis der zahlreichen Güter und Einkünfte des Reichsklosters Fulda, ist eines der wichtigsten schriftlichen Zeugnisse der fränkischen Weinkultur | Quelle: wikicommons, gemeinfrei

 

Hoch- und Spätmittelalter

Während der gesamten Zeit des Frühmittelalters, waren es im Grunde ausschließlich Adelige sowie die Klöster der Region, die den Weinanbau in Franken betrieben. Im Hoch- und Spätmittelalter verstärkte sich diese Situation noch weiter, wobei sich regelrechte Weinbauzentren herausbildeten. Diese waren eng mit den administrativen und klerikalen Hauptorten Frankens wie etwa Würzburg oder Bamberg verbunden. 

Ab dem 13. Jahrhundert treten dann verstärkt auch bürgerliche Akteure in die Weinherstellung ein. In den Würzburger Vorstädten lebten zahlreiche Einwohner hauptberuflich vom Weinbau. In einer Zunfturkunde vom 15. November 1373 werden alleine zehn jeweils nach den Vorstädten benannte Genossenschaften der Weingärtner angeführt. 

Auch heute noch prägt der Weinbau die Stadt Würzburg. Hier die wohl bekannteste Lage: der Würzburger Stein | Quelle: Rolf KrahlCC BY 4.0

 

Als Grundnahrungsmittel war Wein im Mittelalter ein wichtiges Wirtschafts- und Handelsgut. Die verkehrsgünstig gelegene Handelsmetropole Nürnberg entwickelte sich zum zentralen Umschlagplatz für Frankenwein, ja sogar den deutschen Weinhandel im Mittelalter, wo sowohl Exportsorten aus Deutschland als auch importierte Mittelmeerweine gehandelt wurden.

Über den Weinverbrauch in Franken geben besonders die aus der Nürnberger Oberschicht erhaltenen Rechnungs- und Haushaltsbücher ab etwa der Mitte des 15. Jahrhunderts Aufschluss. Im höchsten sozialen Milieu der Reichsstadt wurde üblicherweise vornehmlich Weißwein konsumiert. Der tägliche Weinverbrauch lag bei einem hypothetischen Schnitt von 1,3 Litern pro Kopf. Besonderer Wert wurde auf die Herkunft des Weines gelegt. Die Mittelgruppe unter den Trinkweinen für den täglichen Verzehr bildeten vor allem Rheingauer Weine und der Frankenwein, hier in erster Linie der Königsberger Wein (Lkr. Haßberge).

 

Frühe Neuzeit

Seit dem Mittelalter florierten Anbau und Handel von Wein in Franken. Neben den geistlichen Institutionen profitierten vor allem auch bürgerliche Akteure. An der Schwelle vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit hatte sich Franken um 1560/1570 auf diese Weise mit einer Gesamtfläche von schätzungsweise 40.000 Hektar zum größten zusammenhängenden Weinanbaugebiet Europas gemausert. Die Nutzung als Volksgetränk führte zu einer Ausdehnung der Weinberge auch auf minderwertigere Lagen. Und wer nicht gerade für die Obrigkeit produzierte, für den war Quantität das Gebot der Stunde. So wuchsen Reben in über 600 fränkischen Ortschaften von Aschaffenburg bis nach Kulmbach und Forchheim.

 

Der Niedergang

Die erste große Zensur im fränkischen Weinbau stellte schließlich der 30.-jährige Krieg (1618 – 1648) dar. Er verlagerte sich als europäischer Konflikt ab den 1630er Jahren immer wieder schwerpunktmäßig nach Franken. Bereits in den Jahrzehnten zuvor waren die Absatzmärkte für den Wein durch die Kriegshandlungen regelmäßig zusammengebrochen. Durch Kriegshandlungen wurden vielerorts Weinberge zerstört. Durch den Einzug der Bevölkerung in den Militärdienst und die vielen Toten, verfielen die Reben, da niemand mehr da war, der sich um sie kümmern konnte. Die verarmte Bevölkerung nutzte die Rebstöcke sogar als Brennholz. Und als wäre dies nicht schon genug gewesen, erreichte dann auch noch die kleine Eiszeit in dieser Zeitspanne ihren Höhepunkt und setzte dem Weinbau in Franken aufgrund klimatischer Veränderungen zusätzlich zu. 

Die Grafik zeigt den Vergleich von 10 verschiedenen Rekonstruktionen des Temperaturmittelwerts während der letzten 2000 Jahre | Quelle: SpitzlGFDL 1.2

 

Doch jedes Ende ist auch ein Anfang. Und so versuchte man dem Weinbau Ende des 17. Jahrhunderts mit neuen Ideen zu alter Stärke zu verhelfen. Bei der Rekultivierung fokussierte man sich jedoch nur noch auf die besten Lagen. Gleichzeitig versuchte man nun auch den klimatischen Bedingungen durch die Auswahl neuer Rebsorten entgegenzuwirken. Die Geburtsstunde DER Rebsorte, für die Franken heute weltweit bekannt ist: dem Silvaner. Seinen Siegeszug hat der Silvaner dabei einem ganz besonderen Sohn der Stadt Zeil am Main und der Haßberge zu verdanken: Alberich Degen. Der 42. Abt des Ebracher Zisterzienserklosters brachte um das Jahr 1660 den grünen Silvaner von Österreich nach Deutschland. Gepflanzt hat er sie wohl um 1665 in der heute bekannten Lage „Am Stein“ in Würzburg, wobei das nicht zu 100% sicher belegt werden kann. Dennoch war das der Start einer Erfolgsgeschichte, die bis heute andauert.

Ein Denkmal des fränkischen Silvaner-Vaters - Abt Alberich Degen - in den Weinbergen des, nach ihm benannten, Abt-Degen-Weintals © Haßberge Tourismus

 

Um 1800 waren in Franken dann etwa wieder 10.000 bis 12.000 Hektar bestockt. Dennoch war der Weinanbau mehr oder weniger seit dem Mittelalter unverändert von der Feudalherrschaft geprägt. Zumeist erhielten die Untertanen die herrschaftlichen Weinberge als Pächter, der Grundherr profitierte durch eine vorher festgelegte Abgabe. In einigen Orten regte sich jedoch auch Widerstand, wie etwa in Marktbreit oder Volkach, wo bürgerliche Winzer zunehmend selbst auf dem überregionalen Markt aktiv wurden bzw. werden wollten. 

 

Krisen, Krisen und nochmals Krisen

Den, nach dem Dreißigjährigen Krieg, zweiten tiefen Einschnitt erlebte der fränkische Weinbau durch die Säkularisation in den Jahren 1802/1803, dem Übergang des Herzogtums Franken an das Königreich Bayern im Jahr 1806 sowie dem Beginn der Industrialisierung. Mit der Säkularisation wurden die Weinbau treibenden Klöster aufgelöst, Bayern war Verbündeter Napoleons, der das Einfuhrverbot für fremde Weine aufhob und hierdurch zunehmend süßere, französische Weine zu Modegetränken aufsteigen. Für die qualitativ minderen Weine aus Franken wurde die Vermarktungslage noch schlechter. Gleichzeitig änderte sich das Trinkverhalten der Bevölkerung durch das Vordringen von Bier und Bohnenkaffee. Durch die Industrialisierung wurden neue berufliche Tätigkeitsfelder geschaffen, zugunsten derer der schwierige und zeitaufwendige Weinbau oftmals aufgegeben wurde. Als wäre dies nicht schon genug, wurde 1902 dann auch noch die Reblaus mit neuen Reben aus Amerika nach Franken eingeschleppt. 

Die große Reblausplage im Weinanbau. Eine kurzes Erklärvideo | Quelle: ZDF/Terra X/Stein Filmproduktion/Martin Papirowski/Timm Westen/Roxana Ardelean/Jann Holzapfel/Maximilian Heß (Achtung externer Link in die ZDF Mediathek)

 

Der rapide Niedergang des fränkischen Weinbaus konnte durch die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Professionalisierung von Ausbildung und Zucht zunächst verzögert werden. Im Jahr 1836 wurde in Würzburg der „Weinbau-Verein“ gegründet. Eine Schule für den Weinbau wurde 1874 ins Leben gerufen. Eine dauerhafte Einrichtung zur Ausbildung von Winzern wurde jedoch erst 1902 mit der Königlichen Wein-, Obst- und Gartenbauschule, der heutigen Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, in Veitshöchheim geschaffen. 

 

Phönix aus der Asche

Nach dem absoluten Tiefpunkt des fränkischen Weinbaus unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gelang ab Mitte der 1950er Jahre allerdings wieder die Trendwende:

  • Der bereits zuvor forcierte Qualitätsweinbau verbesserte die Vermarktungssituation 
  • Großräumige Flurbereinigungen sowie modernere Produktionsmittel erleichterten die Bewirtschaftung der Weinberge
  • Rebneuzüchtungen sowie reblausresistente Unterlagen sicherten Ertrag und Qualität im Anbau
  • Die staatliche Beratung für Weinbau und Kellerwirtschaft durch die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau professionalisierte und schulte das Personal
  • Die Gründung von Winzergenossenschaften sorgte für gesicherte Einkommen und erleichterte den Zugang zu kostenintensiver Produktions- und Pflegemaschinerie

Das heutige Weinanbaugebiet Franken erstreckt sich von Bamberg bis Aschaffenburg vorwiegend auf geschützten Lagen entlang des Mains sowie an den Hängen des Steigerwaldes. © FrankenTourismus

 

Bis in die 1970er Jahre sank die Größe der bestockten Fläche zwar noch einmal auf etwa 3.000 Hektar. Doch seit dieser Zeit ist der fränkische Weinbau nun wieder kontinuierlich auf dem aufsteigenden Ast. Und neben der innerdeutschen Reputation steigt auch die internationale wieder deutlich an. Denn die unterschiedlichen Bodenprofile sowie die hervorragend ausgebildete Winzergeneration von heute erzeugen wieder Weine die auch im Ausland Anerkennung erfahren.  Kein Wunder also, dass Franken heute mit über 6.300 Hektar Reben wieder zu einem festen Bestandteil der Deutschen Weinkultur geworden ist, an der Sie sich nun (endlich) wieder weiter vergnügen können! 

 

Die nächste Station befindet sich in Unterhaid, dem östlichsten Eck des fränkischen Weinanbaugebietes, unterhalb der historischen Kellergasse und den Weinbergen. Dort steigen wir direkt in die philosophische Welt des Weins ein und gehen dem Geheimnis des Terroirs auf die Spur!  

 

Quellen: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Weinbaus_in_Franken 

https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Weinbau_in_Franken 

https://www.lwg.bayern.de/weinbau/weinrecht 

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