Als der Adel seine Burg verließ Station 05: Schloss Untermerzbach
Schloßstraße, 96190 Untermerzbach, Deutschland
Station 05:
Schloss Untermerzbach
Landsitz mit Ausblick
Auf einem Hügel über dem alten Dorfkern von Untermerzbach erhoben, thront das letzte steinerne Beispiel auf unserer Tour von den Burgen zu den Schlössern der Adelsgeschlechter aus den Haßbergen: Schloss Untermerzbach.
Von altem Baumbestand umgeben, thront Schloss Untermerzbach auf einem Hügel des Itz-Baunach-Hügellandes über der gleichnamigen Ortschaft © Initiative Rodachtal e.V., gemeinfrei
Der ehemalige Wohnsitz der Grafen von Rottenhan, wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einem frühklassizistischen Landsitz umgebaut und reiht sich damit in die Riege der „neueren“ Schlösser der Haßberge, wie bspw. auch die Schlösser in Gleusdorf oder Gleisenau, ein.
Aus Rotenhan wird Rottenhan
Wahrscheinlich stand bereits eine hochmittelalterliche Burg der Herren von Merzbach auf dem Schlosshügel über dem Dorf. Nach dem Aussterben dieses Geschlechtes im 13. oder 14. Jahrhundert kam die Herrschaft im Erbgang an die Freiherren von Rotenhan, die hier eine „Merzbacher“ Nebenlinie etablierten.
Das Geschlecht der Freiherren von Rotenhan, ist eine Adelsfamilie des fränkischen Uradels, das seinen Namen von der gleichnamigen Stammburg bei Eyrichshof nahe Ebern, herleitet.
Die frühere Stammburg der Freiherren von Rotenhan ist nicht nur ein beeindruckendes, direkt in fünf große Sandsteinfelsen eingearbeitetes Zeugnis mittelalterlicher Baukunst, es ist heute auch eines der 100 bedeutendsten Geotope Bayerns © A. Hub
Das einflussreiche Geschlecht war lange Zeit eng mit dem katholischen Bistum Bamberg verbunden und entwickelte im Laufe der Jahrhunderte einen großen Einfluss auf die Region Haßberge aber auch weit darüber hinaus. Nach der Zerstörung ihrer Burg Rotenhan 1323 durch den Würzburger Bischof von Grumbach und dem Verbot diese wieder aufzubauen, bauten die Rotenhan einen zur Burg gehörenden Gutshof am Berg unterhalb der Burg zu ihrem neuen Stammsitz aus. Die freiherrliche Linie der Rotenhan besteht noch heute und bewohnt auch weiterhin den im weiteren Verlauf zum Schloss ausgebauten Stammsitz: Schloss Eyrichshof.
Schloss Eyrichhsof, der heutige Stammsitz der Freiherren von Rotenhan, gilt als eine der schönsten Schlossanlagen in ganz Unterfranken © Bernhard Schmalisch
Unter Johann Karl Alexander von Rotenhan wurde die „Merzbacher“ Linie jedoch von Kaiser Joseph II. 1774 in den Grafenstand erhoben. Um sich in der Folge von der „nur freiherrlichen“ Verwandtschaft zu distanzieren, fügten die neuernannten Grafen ihrem Namen ein zweites „t“ hinzu und nannten sich fortan Grafen von Rottenhan.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts – wohl auch mit der Erhebung in den Grafenstand verbunden - erfolgte schließlich der Umbau des alten Schlosses aus dem frühen 16. Jahrhundert zum repräsentativen, frühklassizistischen Landsitz. Leider starb mit Maximilian von Rottenhan 1886 aber der letzte Vertreter der gräflichen Linie.
1922 erwarben die daraufhin die Pallottiner, eine Gesellschaft apostolischen Lebens in der römisch-katholischen Kirche, das Schloss und fügten dem Bestand noch einige Anbauten und Nebengebäude hinzu um das Schloss als Hochschule samt Gästetrakt und Tagungs-/Seminarräumlichkeiten nutzen zu können. Auch eine profanierte Kirche wurde 2009 noch hinzugefügt. Bereits 2010 zog die Gemeinschaft und ihr Noviziat jedoch in das österreichische Salzburg, woraufhin Schoss Untermerzbach von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) übernommen wurde. Als gewerbliche Berufsgenossenschaft ist die VBG der größte Träger der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland und nutzt das Schloss samt der Nebengebäude seitdem als einen von sieben Akademiestandorten für Seminare.
Architektur von Schloss Untermerzbach
Das rechteckige Schlossgebäude mit seinen sechs Fensterachsen an der Längsseite wird von zwei schräg gestellten, viergeschossigen Ecktürmen flankiert. Die Außengliederung ist schlicht gehalten, nur unter dem obersten Turmgeschoss verläuft ein einfaches Gurtgesims. Die schiefergedeckten Mansarddächer auf dem Hauptbau und den beiden Türmen werden von zahlreichen Dachgauben unterbrochen.
Die Ostfassade des Schlosses erhebt sich über eine beeindruckende Treppenanlage am Ende des vorgelagerten Parks © Edgar Meier
Der Innenausbau ist durch die Umnutzung stark verändert. Interessant ist insbesondere der große Saal im Erdgeschoss mit weiten Flügeltüren, der von den Pallottinern vor dem Bau der Kirche neben dem Schloss als Kapelle genutzt und in den 1960er Jahren zu einem Speisesaal umgebaut wurde. Ebenso ein repräsentativer Saal im ersten Stock, der Reste einer aufwändigen Stuckierung an Decke und Wänden aufweist. Alle weiteren Räume wurden durch mehrfache Umbauten (zuletzt in den 90er Jahren) angepasst; große Räumlichkeiten wurden in kleinere Wohnräume, Appartements, Büros und Schulungsräume umgewandelt. Im ursprünglichen Zustand ist lediglich noch eine Innentreppe aus Holz über mehrere Stockwerke. Unter dem Erdgeschoss befinden sich diverse Wirtschaftsräume und der Zugang zu einem alten Kellergewölbe.
Die repräsentative Wirkung des Schlosses beruht hauptsächlich auf seiner erhöhten Lage über dem Dorf und der parkseitigen, frühklassizistischen Terrassen- und Treppenanlage. Die erste Terrasse ist über eine zweiflügelige Treppe und ein Podest erreichbar. Von dort aus führen zwei weitere Treppenläufe zur oberen Schlossterrasse, die wie die gesamte Treppenanlage durch Balusterbrüstungen mit aufgesetzten Vasen geschmückt ist.
Die überaus beeindruckende, gut 40 Meter breite frühklassizistische Treppen- und Terrassenanlage vor Schloss Untermerzbach © Deutscher Burgenwinkel e.V.
Das Schloss ist von einer weitläufigen Parkanlage umgeben, die vollständig ummauert ist. Ein aufwändiges schmiedeeisernes Portal bildet den dorfseitigen Eingang. Im Park existieren noch zwei unterirdische Lagerräume, die allerdings wegen Einsturzgefahr gesperrt sind. Von einem von ihnen könnte man - alten Unterlagen zufolge - in einen verschütteten Keller im Schloss gelangen.
Der Dorfseitige Eingang lädt imposant zu einem Sparziergang im Park von Schloss Untermerzbach ein | Quelle: Stephan von Helden, CC BY-SA 3.0
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