Als der Adel seine Burg verließ Station 02: Der Deutsche Burgenwinkel und die Ganerbenburg Altenstein
Wilhelm-von-Stein-Straße, 96126 Maroldsweisach, Deutschland
Station 02:
Der Deutsche Burgenwinkel und die Ganerbenburg Altenstein
Der Deutsche Burgenwinkel - Eine Forschungsreise ins Mittelalter
Seit Juli 2011 befindet sich hier auf der Burgruine Altenstein das „Burgeninformationszentrum Altenstein“, welches das Herzstück des Deutschen Burgenwinkels darstellt. Der Deutsche Burgenwinkel entstand dabei vor dem Hintergrund umfassender Burgensanierungs- und Forschungsarbeiten zwischen 1994 und 2009. Im Auftrag des Landkreises Haßberge wurden in dieser Zeit die Ruinen Lichtenstein, Raueneck, Bramberg, Rotenhan und Altenstein archäologisch untersucht und unter den fachkundigen Augen des Büros für Burgenforschung Dr. Zeune saniert.
2009 blickte der Landkreis schließlich auf eine außergewöhnlich gut erforschte und gesicherte Burgenlandschaft, deren enormes burgenkundliches Potential ab hier auch für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte.
Der Deutsche Burgenwinkel © Zweckverband Deutscher Burgenwinkel
Die Ruine Altenstein wurde schließlich zum Kern dieses riesigen Freilichtmuseums und macht seit der Installation des Burgeninformationszentrum im alten Schulgebäude des Ortes das Leben und Arbeiten auf einer mittelalterlichen Burg, stellvertretend für alle Burgen im Deutschen Burgenwinkel, begreifbar. Komplexe geschichtliche Zusammenhänge, etwa welchen Einfluss die Kirche auf das Leben im Mittelalter hatte oder wie der Speisezettel unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten ausgesehen hat, werden dabei anschaulich dargestellt und laden zum spielerischen entdecken ein. Und ein Besuch in der Waffenkammer darf natürlich auch nicht fehlen.
Mittelalter im wahrsten Sinne des Wortes erleben – wie hier in der Waffenkammer © Florian Trykowski
Mehr über das Burgeninformationszentrum des Deutschen Burgenwinkels auf der Ruine Altenstein finden Sie hier!
Die Burgruine Altenstein
Die Burgruine Altenstein und ihr weitläufiger Außenbereich © Florian Trykowski
Die ehemalige Burg Altenstein liegt auf einer 452 m hohen Kuppe über dem Weisachtal in dem kleinen Höhendorf Altenstein. Erstmals wurden die Burgruine Altenstein und die darin lebende Familie von Stein zu Altenstein im Jahre 1225 erwähnt. Von dieser Frühzeit zeugt heute noch der rechteckige Bergfried. Die mächtige Zwingermauer mit runden Eck- und Tortürmen am nördlichen Halsgraben wird in die Hussitenzeit datiert. Einige der bis zu dreifach übereinanderliegenden Kellergewölbe sind heute noch erhalten.
Bauphasenplan Burg Altenstein © Büro für Burgenforschung Dr. Zeune
Besonders die gotischen Fenster der ehemaligen Schlosskapelle (aus dem Jahr 1438) gehören zu den beliebtesten Fotomotiven der Region.
Die Überreste der ehemaligen Schlosskapelle aus dem 15. Jahrhundert © Florian Trykowski
Nach Zerstörungen und Instandsetzungen im Bauernkrieg (1524), im Zweiten Markgrafenkrieg (1552–1555) und letztlich auch im dreißigjährigen Krieg (1618–1648) wurde die Burg schließlich offengelassen. Im Jahr 1703 verließ die Familie Stein von Altenstein ihren Stammsitz dann endgültig und zog in das neu errichtete Schloss Pfaffendorf am Fuße des Bergdorfes.
Wie die Burg aber vor Ihrer Zerstörung ausgesehen haben könnte, das haben die Wissenschaftler und Archäologen des Büros für Burgenforschung Dr. Zeune aufwändig rekonstruiert und in einer digitalen Rekonstruktion anschaulich dargestellt. Im nachfolgenden Video könnt ihr euch den Zustand der Burg um 1420/30 genauer ansehen:
Animierte Rekonstruktion von Burg Altenstein um 1420/30 © Büro für Burgenforschung Dr. Zeune/ReUnion Media (Achtung externer Link YouTube)
Heute befindet sich die Burgruine übrigens im Besitz des Landkreises Haßberge (seit 1972). Ihre Sanierung fand zwischen 1999 und 2003 statt. Der örtliche Burg- und Heimatverein hat sich die Instandhaltung der Anlage zur Aufgabe gemacht und bietet neben den Angeboten des Burgeninformationszentrums ebenfalls Führungen über die Burgruine an.
Die Ganerbenburg Altenstein
Neben traumhaften Aussichten und der schieren Größe der gesamten Burganlage, weist die Ruine Altenstein noch eine weitere Besonderheit auf: Sie war nicht nur Stammsitz der Herren von Altenstein, sondern wurde von diesen als eine sogenannte „Ganerbenburg“ bewohnt.
Das wohl bekannteste deutsche Beispiel einer Ganerbenburg in Deutschland: Burg Eltz – Seit mehr als 800 Jahren im Besitz der gleichnamigen Familie | Quelle: Steffen Schmitz, CC BY-SA 3.0 de
Der Begriff „Ganerbenschaft“ ist ein mittelalterlicher Rechtsbegriff für eine adelige Erbengemeinschaft, umschreibt aber auch geteilte Besitzverhältnisse innerhalb einer Burg infolge von Erbteilungen, Verheiratungen, Verkäufen, Verpfändungen oder gezielten Belehnungen durch den Landesherrn. Ganerbenburgen befanden sich demzufolge im gemeinschaftlichen Besitz einer Ganerbschaft. Das unter Umständen durchaus problematische Zusammenleben verschiedener Familien und Familienstränge regelten hierbei sogenannte Burgfriedensverträge.
Auf Altenstein saßen bereits Ende des 13. Jahrhunderts acht Familien, bzw. unterschiedliche Familienteile. Ein Burgfriedensvertrag aus dem Jahr 1441 erwähnt dann bereits 10 Brüder und Vettern aus insgesamt fünf Familien, die die verschiedenen Kemenaten (Wohnbauten) besaßen.
Wer mehr über Ganerbschaften erfahren möchte, dem empfehlen wir den entsprechenden Eintrag des Historischen Lexikons der Bayerischen Staatsbibliothek unter www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Ganerbschaft.
Die nächste Station befindet sich in Hafenpreppach, direkt am Schloss Hafenpreppach. Dort finden wir die steinernen Zeugen, weshalb der Adel seine Burg verließ. Es bleibt also weiter spannend!
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