Grenzenloses Grabfeld Station 01 Die innerdeutsche Teilung und der Todesstreifen
Am Oberen Tor, 97633 Trappstadt, Deutschland
Grenzenloses Grabfeld Station 01
Die innerdeutsche Teilung und der Todesstreifen
Genau hier, an einer der beiden Quellflüsse der Saale, befinden Sie sich lediglich 500 Meter von der ehemaligen innerdeutschen Grenze entfernt. Vor lediglich etwas mehr als 30 Jahren, hätten Sie von hier aus wieder umkehren müssen. Denn an ein Weiterkommen in Richtung Osten war ab hier nicht mehr denkbar. Im Gegenteil: Sie hätten im wahrsten Sinne des Wortes Ihr Leben aufs Spiel gesetzt.
In den knapp vierzig Jahren des Bestehens der innerdeutschen Grenze verloren ca. 1100 Menschen ihr Leben bei dem Versuch, diese Grenze von Ost nach West zu überwinden. Sie wurden Opfer der “strengen Maßnahmen”, die für den Fall eines Fluchtversuchs vorgesehen und vorgeschrieben waren. Wobei unter “strenge Maßnahmen” der Gebrauch der Schusswaffe zu verstehen ist. Diesen Opfern und zur Erinnerung an die Unmittelbarkeit der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist auch das oben am Grenzübergang Alsleben - Gompertshausen stehende Mahnmal gewidmet.
Mahnkreuz und Stein der Deutschen Einheit am ehemaligen Grenzübergang Alsleben - Gompertshausen © R. Schanze
Sicherlich kennen Sie den Grund weshalb es zur innerdeutschen Teilung kam, welche politischen Hintergründe dem Ganzen zugrunde lagen und welche Grausamkeiten die Grenze mit sich brachte. Dennoch möchten wir Ihnen an dieser und den nächsten Stationen noch einmal verdeutlichen, warum dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte nicht vergessen werden darf und warum es wichtig ist, Mahnmale wie dieses aufzustellen.
Die innerdeutsche Teilung
Die Besatzungszonen in Deutschland zwischen dem 8. Juni 1947 und dem 22. April 1949, Bild von WikiNight2 unter der Lizenz von CC-BY-SA 3.0
Nach Ende des zweiten Weltkrieges 1945 teilten die Siegermächte Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Die Demarkationslinien zwischen den westlichen Besatzungszonen der USA, Großbritanniens und Frankreichs wurden bald aufgehoben. Daher bezog sich der Begriff Zonengrenze nur noch auf die Grenze zwischen den westlichen Besatzungszonen (Westdeutschland) und der Sowjetischen Besatzungszone (Ostdeutschland). Der Name deutsch-deutsche Grenze wurde 1949 mit der Gründung der beiden deutschen Staaten (BRD, DDR) amtlich. Er hat sich aber nie durchgesetzt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wurde weiterhin von der Zonengrenze oder von der Innerdeutschen Grenze gesprochen.
Die Demarkationslinie zur Bundesrepublik wurde 1952 schließlich von der DDR veranlasst und durch die „Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen" vom 26. Mai 1952 untermauert.
Die Grenze
Merkblatt für Besucher der Zonengrenze zu den DDR Grenzsperranlagen, gemeinfrei
In der Folge wurde entlang der 1.400 km langen „Demarkationslinie“ eine Grenze mit einem 10 Meter breiten Kontrollstreifen geschaffen, der am Westrand mit einem Stacheldrahtzaun gesichert wurde. Ein zusätzlicher Schutzstreifen in östliche Richtung betrug 500 Meter. Der gesamte östliche Bereich innerhalb von 5 Kilometer ab der Grenze wurde zur Sperrzone deklariert. Die dort lebenden Menschen wurden alle registriert und mussten sich jeder Menge Schikanen gefallen lassen. Besucher benötigten einen Wochen vorher zu beantragenden Passierschein, allein zur Einreise in die Sperrzone. Durch die „Aktion Ungeziefer" 1952 und die „Aktion Kornblume" im Jahr 1961 wurden „vertrauensunwürdige" Bürger dann sogar ins Hinterland zwangsausgesiedelt. Allein die Apostrophierung der Maßnahmen weist auf die Unmenschlichkeit des damaligen Regimes hin.
Ab 1961 wurde die Grenze dann teilweise sogar vermint und mit Signalzäunen ausgerüstet. Zwischen 1970-1983 wurden Teile der Grenze mit Selbstschussanlagen auf Seiten der DDR ausgestattet. Als wäre dies nicht schon genug Unmenschlichkeit gewesen, wurden permanent auch noch ca. 30.000 Soldaten in Kasernen entlang der Grenze untergebracht, die unter dem Befehl standen „Grenzverletzer“ in jedem Fall mit Waffengewalt „festzunehmen oder zu vernichten". Aus der einstigen Demarkationslinie wurde in wenigen Jahren ein „Todesstreifen“.
Ab Anfang der 1980er Jahre existierten schließlich ca. 1.000 Beobachtungstürme, ca. 900 km Grenzzaun, ca. 600 km Kfz-Sperrgräben dazu auf ca. 450 km die genannten Selbstschussanlagen und ca. 250 km Minenfelder entlang der ca. 1.400 Kilometer langen Grenze
Erst 1983 wurden auf Betreiben von Franz-Josef Strauß und mit dem Druckmittel eines Milliardenkredites für die DDR die Selbstschussanlagen wieder demontiert sowie die verlegten Minen gesprengt und durch Hundelaufanlagen ersetzt.
Warum eigentlich die Grenze?
Der offizielle Titel der Grenze wurde in der DDR mit Staatsgrenze West festgelegt. Die Grenze wurde offiziell also als ganz normale Staatsgrenze bezeichnet. Das Ziel, das die DDR mit der Grenze verfolgte, war aber nicht die Abgrenzung des „guten“ sozialistischen Ostens vom „bösen“ kapitalistischen und „faschistischen“ Westen Deutschlands (Klassenfeind) und der damit einhergehenden Abgrenzung zwei verschiedener Gesellschaftsordnungen, sondern vielmehr und hauptsächlich der Verhinderung einer Massenflucht der eigenen Bevölkerung in den Westen.
Skulptur auf dem Mauerstreifen an der Bernauer Straße (Nähe Ruppiner Straße) in Berlin-Mitte; sie erinnert an den NVA-Soldaten Conrad Schumann, der am 15. August 1961 (zwei Tage nach der Grenzabriegelung) aus der südlichen Ruppiner Straße über einen Stacheldrahtverhau in die Bernauer Straße (vom sowjetischen Sektor in den französischen) sprang, Bild von Jotquadrat unter der Lizenz von CC-BY-SA
TIPP: Einer der ehemaligen Beobachtungstürme steht nur etwa 1,5 Km in Richtung Gompertshausen vom aktuellen Standpunkt entfernt. Da der Turm allerdings nicht an einem offiziellen Radweg liegt, wurde er nicht direkt in die Route mit integriert. Einen kurzen Abstecher empfehlen wird jedoch dennoch, da neben dem Turm auch noch weiter Elemente der ehemaligen Grenzbefestigung besichtigt werden können. Achten Sie jedoch bitte unbedingt auf den Verkehr und halten Sie am Turm mit ausreichend Abstand zur Straße an.
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