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Von fränkischen Leuchten und glühenden Franken Station 02: Glühende Franken

Riether Hauptstraße, 98663 Hellingen, Deutschland

Station 02:
Glühende Franken

Warum der Süden Thüringens aus historischer Sicht fränkisch beeinflusst ist, haben wir ja bereits an Station 1 erfahren. Doch was genau heißt das jetzt eigentlich? Was kennzeichnet die Region als „fränkisch“. Wir versuchen dieser höchst kulturwissenschaftlichen Frage mit Hilfe der aktuellsten Erkenntnisse aus der Wirtschafts-Lehre auf den Grund zu gehen.

Das klassische Forschungsfeld der Wirtschafts-Lehre: lokale Gastronomiebetriebe mit in diesem Fall typisch fränkischer Küche © Carolin Ulrich

 

Des Kloßes wahrer Kern

Es ist DIE kulinarische Gretchenfrage im fränkisch-thüringischen Grenzgebiet: „Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr, wie halten Sie es mit Ihren Klößen: Fränkische oder Thüringer?“. Eine Frage, die wohl für viele genauso „einfach“ zu beantworten ist, wie die nach der Religion. Doch fangen wir mit den Basics an.

Das Wort ‚Kloß‘ leitet sich vom althochdeutschen „klōz“ ab, das Klumpen, Kugel, oder Knäul bedeutet. Grundsätzlich sind Klöße traditionell im Raum Thüringen, Franken und Sachsen sowie im Vogtland verbreitet und sind dort ein Bestandteil der regionalen Kultur. Es gilt das grundsätzliche Motto: Ohne Klöße ist der Sonntag kein Sonntag. Ursprünglich dienten sie als einfaches Arme-Leute-Essen mitunter während der ganzen Woche in aufgewärmter oder gebratener Form als Mittags- oder Abendmahl und Brotersatz. 

So und worin unterscheiden sich die beiden Varianten nun: 

Thüringer Klöße:

Thüringer Klöße – erkennbar an den vielen kleinen, geriebenen „rohen“ Kartoffelstückchen | Quelle: Sebastian Wallroth, CC BY 3.0

 

Thüringer Klöße werden traditionell aus 2/3 roh geriebenen und 1/3 zerkochten Kartoffeln hergestellt, wobei die roh geriebenen Kartoffeln gewässert und ausgepresst werden und die hieraus austretende Kartoffelstärke nicht für den weiteren Kloßteig verwendet wird. Da die Klöße teilweise auch vollständig aus roh geriebenen Kartoffeln hergestellt werden, werden sie auch „Rohe Klöße“ und diese beim Kochvorgang eine gräulich-grüne Färbung erhalten auch „Grüne Klöße“ genannt. 

Das ist im Übrigen auch ein Grund weshalb Im Thüringer Raum die Vitaminmangelkrankheit Skorbut schon sehr frühzeitig praktisch ausgerottet wurde. Mit dem größeren Anteil roher Kartoffeln zur Zubereitung des Kloßteiges wurden schlichtweg deutlich mehr Vitamin- und Mineralstoffe aufgenommen!

 

Fränkische Klöße:

Fränkische Klöße – erkennbar an der geschmeidigeren Oberfläche, da der Anteil gekochter Kartoffeln höher ist | Quelle: Benreis, CC BY 3.0

 

Fränkische Klöße enthalten in der Regel einen höheren Anteil zerkochter Kartoffeln, und die ausgepresste Kartoffelstärke wird dem Kloßteig wieder zugesetzt. Hier besteht manchmal auch der Ehrgeiz „weiße“ Klöße herzustellen, weshalb an das Kartoffelwasser ein Schuss Essig kommt oder die gekochten/geriebenen Kartoffeln vor der Weiterverarbeitung „geschwefelt“ werden, um den Oxidationsprozess der für die Einfärbung verantwortlich ist zu unterbinden. 

 

Die thüringisch-fränkische Kartoffellinie

Mit der Kenntnis über die jeweilige Zusammensetzung hätten wir nun die Kartoffel-Fronten schon einmal geklärt. Wie mit der gesamten Prägung des Thüringer Südens durch die „fränkische Kultur“, so verhält es sich allerdings auch mit den Klößen: die Übergänge sind ziemlich fließend, sodass es eine „thüringisch-fränkische Kartoffellinie“ jenseits derer nur die eine oder andere Variante gekocht wird nicht gibt. 

Im Coburger Raum wie in einigen Gegenden des Frankenwaldes sind die Klöße – ähnlich dem Thüringer Vorbild – von sehr lockerer, geschmeidiger Beschaffenheit. Daher stammt übrigens auch die Bezeichnung “Coburger Rutscher”! In Bamberger liebt man sie etwas fester, damit sie die Soße besser aufnehmen, weshalb dem Teig nicht so viel Wasser zugesetzt und mehr Kartoffelstärke eingesetzt wird. Und auch in Thüringen ist ein Nord-Süd-Gefälle vorhanden: Im nördlichen Bereich sind die Klöße fester und behalten die Kugelform, während sie im südlichen Bereich weicher sind. Was insbesondere mit dem Stärkegehalt in Abhängigkeit zur Garzeit zusammenhängt. 

Fazit

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wer kocht welche Klöße und was hat das mit Franken oder Thüringen zu tun? Kochen die Südthüringer aus Protest fränkische, oder die Nordfranken schon Thüringer Klöße? Die einfachste Art das herauszufinden, ist wohl der direkte Besuch eines der regionalen Wirtshäuser verbunden mit der in der Wissenschaft höchst anerkannten Methode des Selbstversuchs. Frei nach dem Motto: „quod erat demonstrandum“ (was zu beweisen war). Wir wünschen Guten Appetit und erfolgreiche Feldversuche!  

Für alle die (wie die Radaktion) von dieser hitzigen Debatte gar nicht genug bekommen und genauso fasziniert sind, empfehlen wir eine vertiefende Literaturrecherche auf den nachfolgenden Webseiten. Oder eben noch mehr Feldversuche! 

Die Ältesten Kloßrezepte Thüringens (externer Link)

Thüringer Klöße-Siegel (externer Link)

Fränkische Kloßvielfalt (externer Link)

 

Die nächste Station befindet sich übrigens in Heldburg, oben auf der Veste Heldburg. Dort “beleuchten” wir den Spitznamen der Veste, der gleichzeitig auch Namensgeber dieser Tour ist!

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