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Hinter herrschaftlichen Mauern Station 02: Schloss Bettenburg - Das Weimar der Haßberge

Manau, 97461 Manau, Deutschland

Station 02

Schloss Bettenburg - Das Weimar der Haßberge

 

Schloss Bettenburg

Eingereiht in eine Kette von Burgen, thront die Bettenburg nahe Hofheim in ihrer ursprünglichen Form bereits seit mindestens 1231 über dem weiten, fruchtbaren Haßgau. Nicht umsonst gilt sie als das Wahrzeichen des Hofheimer Landes und der Haßberge.

Schloss Bettenburg von oben © Folker Bergmann

 

Besonders hervorstechend sind ihr breiter Palas mit dem gestuften Dachgiebel, sowie ihr massiver, runder Treppenturm mit der Welschen Haube. Seit 1535 und dem Ende der Bauernkriege war sie bis 1940 Wohnsitz der Adelsfamilie Truchsess von Wetzhausen. In den Jahren 1789 bis 1826 beheimatet die Bettenburg ihren wohl berühmtesten Sohn: Christian Truchseß von Wetzhausen - Landschaftsplaner, Philanthrop, Major im Dienste des hessischen Grafen, Kirschenbaron und … der letzte Ritter Frankens. Doch dazu mehr unten oder auf unserer Tour „Das Vermächtnis des letzten Ritters“. 

Auch heute befindet sich Schloss Bettenburg noch im Besitz der Freiherren Truchsess zu Wetzhausen, wird jedoch nicht mehr als Wohnsitz, sondern als Seminarzentrum genutzt. Unbefugten ist der Zutritt daher leider nicht gestattet. Aber wir hoffen Ihnen mit den nachfolgenden Bildern und Informationen zumindest einen kleinen Eindruck von Schloss Bettenburg vermitteln zu können. 

Der breite Palas von Schloss Bettenburg | Quelle: DJM (talk) Lizenz: gemeinfrei

 

Christian Truchsess von Wetzhausen und seine Leidenschaften 

Christian Truchseß von Wetzhausen zu Bettenburg, wie sein vollständiger Name lautet, wurde 1755 auf Schloß Bundorf (ca. 11 km von Hofheim entfernt) geboren. Nachdem sein Leben zunächst ganz nach »Plan« verlief, also genau so, wie es sich für einen Mann von Adel zur damaligen Zeit gehörte: Erziehung im elterlichen Hause, Studium und Kavalierstour danach Militärdienst in gehobener Stellung (Kürassier-Offizier in Diensten des hessischen Grafen), zog es Christian 1789 auf die Bettenburg, deren Besitzer er 1786 durch Erbteilung geworden war. 

Von Beginn an als romantische Ruine erbaut: die „Alte Burg“ im Landschaftspark Bettenburg © Folker Bergmann

 

Ab diesem Zeitpunkt konnte er sich - als zweitgeborener im weitesten Sinne von adeligen Pflichten entbunden – nun endlich seinen wahren und vielfachen Interessen widmen: So begann er bspw. direkt im Jahr seiner Ankunft auf der Bettenburg mit der Gestaltung des unweit gelegenen Landschaftsparks. Er legte im Laufe der Jahre eine eigene Kirschenzucht an und wurde sogar zu einem der bedeutendsten Pomologen in ganz Europa in diesem Teilgebiet. Was ihm in der Bevölkerung auch den Spitznamen „Kirschenbaron“ einbrachte. 

Drei seiner eigenen Züchtungen, die „Bettenburger Glaskirsche“, die „Bettenburger Kirsche von der Natte“ und die „Bettenburger schwarze Herzkirsche“ sind bis heute erhalten. Neben seinen landschaftsplanerischen Interessen und der Vorliebe für die Kirschenzucht, war es jedoch vor allem seine Hingabe für die Poesie sowie die Förderung kreativer Köpfe der damaligen Zeit, die den größten Teil seines heutigen Vermächtnisses ausmachen. 

Die Bettenburger schwarze Herzkirsche, eine Züchtung von Christian Truchseß © Scan aus „Deutsches Obstcabinet in naturgetreuen fein colorirten Abbildungen und Fruchtdurchschnitten“ [Hrsg.] Langethal, L. E.; Jena  1861; gemeinfrei | Quelle: Open-Access-Publikationsserver der Humboldt-Universität

 

Die Bettenburger Tafelrunde

In Anlehnung an die berühmte Tafelrunde der Artus-Sage, gründete der Truchsess auf seiner Burg und im anschließenden Landschaftsgarten nämlich seine eigene, „Bettenburger Tafelrunde“. In die Geschichtsbücher ging sie jedoch nicht als Versammlung edler Ritter ein, sondern als das „Weimar der Haßberge“. Denn Christian Truchsess lud über Jahrzehnte hinweg quasi das Who-is-Who der damaligen Dichter- und Denkerszene zu sich auf die Bettenburg ein. Dichter, Philosophen, Komponisten, Übersetzer und viele andere drückten sich beinahe schon die Klinke in die Hand. Friedrich Rückert, Jean Paul, Gustav Schwab, Heinrich Voß, Friedrich de la Motte Fouqué, Caroline von Wolzogen oder auch Therese von Sachsen-Hildburghausen, die spätere Königin von Bayern, waren dabei nur einige seiner vielen Gäste. 

Ein Waldkonzert am Minnesängerplatz im Landschaftspark Bettenburg, in Erinnerung an die Kunstleidenschaft Christian Truchsess © Deutscher Burgenwinkel e.V.

 

Oft ein größerer Runde, manchmal auch feuchtfröhlich, diskutierten der Truchsess und seine Gäste über die aktuellen Fragen der Zeit, besprachen bestimmte Werke oder fertige Gedichte. Oft war seine Runde auch ein erstes fachkundiges Publikum, dem neue Gedichte vorgetragen und anschließend besprochen wurden. Ort hierfür war oft der Minnesängerplatz im Landschaftsgarten.

Vielen diente der Aufenthalt auf der Bettenburg und dem Landschaftspark aber auch als Ort der Muße und kreativen Schaffenszeit. Immer wieder verbrachten sie daher mehrere Wochen im Hause des Truchsesses. Bestens umsorgt vom Hausherren, der die ritterlichen Tugenden so verehrte, und seinem fleißigen Gesinde. 

Das Ritterdenkmal im Landschaftspark Bettenburg ist der Hingabe des Truchsess an die ritterlichen Tugenden der „Urritter“ Götz von Berlichingen und Franz von Sickingen gewidmet  © Folker Bergmann

 

Die bis heute wohl schönste Beschreibung der Bettenburger Tafelrunde stammt aus dem Jahre 1866 und findet sich im berühmten Artikel der »Gartenlaube«, der damals beliebtesten (Wochen-)Zeitschrift Deutschlands. Vierzig Jahre nach dessen Tod führt uns der Autor Friedrich Hofmann durch die Anlagen von Burg und Park und lässt dabei die geheimnisumwitterte Geistesgesellschaft wiederauferstehen.

Den Tagesablauf schildert er dabei wie folgt:

»Der ganze Vormittag blieb der freien Verwendung der Gäste anheimgegeben. Jeder tat nach seinem Gelüste; der ehrwürdige Ritter Truchseß besorgte seine Geschäfte und bedeutende Correspondenz […]: ein einfaches, aber treffliches mundendes Mahl vereinigte alle Gäste und der übrige Tag trennte sie nicht wieder. Ein Gespräch über Literatur war dem Freiherrn der köstlichste Nachtisch […]. Gegen Abend gab´s gewöhnlich einen Spaziergang durch die anmuthigen Pflanzungen des schönen Gartens.«

Dass wir heute so gut über die Vielzahl an Gästen auf der Bettenburg Bescheid wissen, verdanken wir einem vom Freiherrn persönlich geschriebenen Heftchen: den »Bettenburger Trinkgelder-Berechnungen von 1788 bis 1826«, in welchem die Namen beinahe sämtlicher Gäste verzeichnet sind. 

 

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