Der Ring der Königin Station 03 Die geheimnisvolle Hecke aus Leder
Zum Reuthsee, 97528 Sulzdorf an der Lederhecke, Deutschland
Der Ring der Königin Station 03
Die geheimnisvolle Hecke aus Leder
Wir müssen ehrlich sein, an dieser Stelle haben wir Ihnen einen Bären aufgebunden. Denn tatsächlich rankt sich um die Lederhecke, die das „grabfelder“ Sulzdorf zur Unterscheidung zu anderen Sulzdörfern in Deutschland in seinem Beinamen trägt, gar keine Sage. Aber schon der Begriff „Lederhecke“ lässt natürlich viel Raum für Phantasie und ist durchaus erklärungsbedürftig. Eine spannende Geschichte voller mutiger Ritter, dornengespickter Rosenhecken und einer in Not geratenen Prinzessin zur Erklärung dieser wunderbaren Bezeichnung käme da natürlich gelegen.
Sulzdorf an der Lederhecke © Reinhold Albert
Das Geheimnis um die Lederhecke bleibt jedoch insofern spannend, da abgesehen von einer nicht existierenden Sage auch die sprach- und kulturethnologischen Erklärungsversuche zu keiner endgültigen Lösung gekommen sind. Relativ klar ist jedoch WAS die Lederhecke ist: nämlich ein bewaldeter Höhenzug, der etwa zwischen der thüringischen Gemeinde Schweickershausen und der unterfränkischen Gemeinde Sulzdorf liegt.
In einem Bericht aus dem Jahre 1799 wird berichtet: "Die Lederhecke ist ein meistens mit Laubholz bewachsener Waldstrich, der ohngefähr zwey Stunden lang, und eine Stunde breit ist. Sie ist schmaler, größtenteils zum Kanton Baunach gehöriger Distrikt. Ihr liegt gegen Mitternacht das Sachsen - Hildburghausische Amt Heldburg, gegen Abend das Würzburgische Amt Königshofen, und in Ansehung der zwei übrigen Weltgegenden wird sie von Baunachischen Ortschaften eingeschlossen. Die Bewohner der Lederhecke sind, einzelne Köpfe ausgenommen, durchgehend Protestanten. Der Boden, der sie nährt, bestehet meistens aus Sand, und steht daher dem fetten Boden des Grabfeldes an Fruchtbarkeit weit nach. Die Lederhecke führt schon etliche hundert Jahre diese Benennung."
Historische Karte der Lederhecke aus der Zeit um © 1599 Reinhold Albert
Dem Geheimnis, warum die Lederhecke aber so heißt, wie sie heißt, wollen wir mit nachfolgenden Möglichkeiten auf die Spur kommen:
1. Das in dem Beinamen enthaltene "Leder" bezieht sich keineswegs auf das gebräuchliche Wort, sondern leitet sich von Lehmwasser, Lehmschlamm oder Sumpf ab. "Heeke" oder "Heek" für Hecke sind alte Bachnamen. Lederhecke dürfte sich also von Schlammgewässer ableiten. Schwer erklärliche Flurnamen sind übrigens verdächtig, recht alt zu sein.
2. Der bekannte Heimatforscher Pfarrer Erwin Sturm die Auffassung, dass man den Namen "Lederhecke" durch Epenthese (Lauterweiterung) aus Laerhecke, Larhecke ableiten könne. Das Bestimmungswort komme dann entweder vom althochdeutschen Lari = leer, unbebaut, unfruchtbar, Ödland, Weideland. Oder durch Synkope (Silben- oder Lautschrumpfung) aus dem ahd. Legar = Lager, Viehsammelplatz, Geheege, Weideplatz. Lederhecke/Laerhecke wäre dann ein "Weidewald" (alle Wälder dienten früher als Weideallmende).
3. Kaum zutreffen dürften folgende Namensdeutungen: Das Bestimmungwort Leder sei verderbt aus Lehde, für wüst liegendes Land. Das Grundwort Hecke könne man als Grenzhecke deuten, da hinter dem Waldstück die thüringisch/fränkische Landesgrenze verläuft. Lederhecke heiße somit "Grenzhecke bei dem wüst liegenden Land".
4. Auf dem Hügel bei der Lederhecke sollen früher zahlreiche Eichen gestanden haben, deren Rinde bis nachweislich 1920 in eine nahegelegene Lohmühle gefahren wurde. Damit wurde ein Stoff gewonnen, die Lohe genannt, der beim Gerben des Leders Verwendung fand.
5. Behauptet wurde ebenfalls, "Laterhecke" solle soviel wie "Grenzlandwehr", Grenzgrabenwehr oder Landwehr bedeuten, somit "Sulzdorf an der Landwehr".
6. Eine weitere vermutlich nicht zutreffende Erklärung ist die Abstammung des Wortes von Latenhecke oder eigentlich Galatenhege, d.h. Hege (= Grenze) der Galaten (= Kelten), also etwa Grenzland der Kelten.
7. In alter Zeit ereigneten sich in der Lederhecke zahlreiche Überfälle. Räuber oder Wegelagerer heißt auf lateinisch latro. Lederhecke könne als "Latro-Hecke", also Räuberhecke gedeutet werden.
So wird 1586 über Raubgesellen berichtet, die "auff der Lederheckenn bei Sternberg" einen Fußgänger erschlugen und bei ihm 25 königliche Taler erbeuteten. Später raubte die Bande, deren Anführer Hans Pfeuffenjecklein war, abermals im Gebiet der Waldungen an der Lederhecke einem Fußgänger 22 Gulden. Kurz darauf erschlugen sie bei Königshofen einen weiteren Wandersmann. Auch im darauffolgenden Jahr 1587 kreuzten sie im Gebiet der Lederhecke auf und raubten bei Ermershausen einer Person 15 Gulden.
Der Pfeuffenjecklein wurde schließlich am 17.7.1588 zum Tode durch Rädern verurteilt. Bei lebendigem Leib brach man in einem solchen Fall dem Todeskandidaten mehrmals Arme und Beine durch Überfahren, band den schwer verstümmelten Körper auf ein Rad und steckte diesen auf der Richtstätte zur Abschreckung auf einen Pfahl. So fand ein Räuberleben sein qualvolles Ende.
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