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Naturpark-Facetten Station 03 Hecken

Dorfstraße, 97468 Königsberg, Deutschland

Station 03

Hecken

Hecken – Urelement der mitteleuropäischen Kulturlandschaft

Ein Mix aus Mahdwiesen, Streuobstwiesen, Hecken und Säumen am Haßbergtrauf bei Prappach © Naturpark Haßberge

 

Übergänge von einem Lebensraumtyp zu einem anderen Lebensraumtyp sind für Naturkundler oft von besonderem Interesse, da hier unterschiedliche Tier- und Pflanzenwelten aufeinanderstoßen und dadurch häufig besonders viel Arten auf kleinem Raum zu finden sind. Im Fachjargon spricht man übrigens vom „Edge-Effekt“ oder auch „Grenzlinien-Effekt“. Man stelle sich einen Wald vor, der an eine Wiese grenzt: Da der Übergangsbereich von den Tieren beider Biotoptypen genutzt wird, ergibt sich hieraus ein höherer Artenreichtum. Hinzu kommen zusätzliche Arten, die sich genau auf diesen Übergangsbereich spezialisiert haben. Meister dieser Disziplin sind dabei alte Hecken und Strauchsäume. Auf kleinstem Raum treffen hier unterschiedliche „Biotope“ aufeinander, wodurch Die Anzahl und Größe der Übergangsbereiche sehr groß ist. 

 

Aufbau einer Hecke

Abstrakt gesehen ist eine Hecke zunächst eine Art "doppelter Waldrand" - nur eben ohne Wald, um beim obigen Beispiel zu bleiben. Hecken sind durch Sträucher und kleine Bäume geprägte Lebensräume die am Boden eine Breite zwischen 2 und 10 Metern aufweisen und durchgehend sowie in der Regel mehr oder weniger linienförmig verlaufen. Bei regelmäßiger Pflege weisen Hecken im Querschnitt einen dreigeteilten und stufigen Aufbau auf.

Schematischer Aufbau einer Hecke © Wolfgang Lang

 

Im inneren besitzen sie einen schattigen und windgeschützten Bereich, der Kernzone genannt wird. Hier können auch Bäume wachsen, deren Kronen das Dach der Hecke bilden. Beidseitig zur Kernzone schließt sich eine Mantelzone aus niedrigen und hohen Sträuchern an. Ganz außen liegt die Saumzone. Sie besteht aus ein- und mehrjährigen krautigen Pflanzen und Gräsern und bildet die Übergangszone zwischen Kulturland und Gehölzstreifen. Der stufige Aufbau einer gepflegten Hecke führt zu einer Vielzahl an Mikrohabitaten mit unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen. Zusätzliche Kleinstrukturen, wie z. B. Trockenmauern, Holzhaufen, Lesesteine oder Kleinstgewässer und Feuchtstellen, erhöhen den ökologischen Wert der Hecke noch einmal und bieten weiteren spezialisierten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum.

 

Funktion einer Hecke 

Aufgrund ihrer vielfältigen Micro-Lebensräume sind Hecken und Feldgehölze eines der wichtigsten und vielfältigsten Landschaftselemente in unserer Natur. Sie erfüllen seit Jahrtausenden (!) für unterschiedlichste Tier- und Pflanzenarten aber auch uns Menschen ungemein viele Funktionen:   

Sie verhindern Bodenerosion, bieten Windschutz oder vermindern Stoffeinträge in benachbarte Wiesen und Ackerflächen. Um Nutztiere auf den eigenen Flächen zu halten, wurden und werden Sie auch heute noch als „lebender Zaun“ gepflanzt und gefördert. Für Tiere sind sie wichtige Nahrungsquelle, Brut- und Aufzuchtplatz, Ruhestätte und Winterquartier. Darüber hinaus sind Sie als „Trittsteine“ in der Landschaft für die Vernetzung von Lebensräumen unverzichtbar. 

Ein typischer Vertreter aus der Mantelzone: Die Hundsrose (Rosa canina), auch Heckenrose genannt, liefert mit ihren Früchten die Grundlage für köstliche Hagebutten-,  oder wie man in Franken sagt, Hiffen-Marmelade | Quelle: W.Carter Lizenz: gemeinfrei

 

Und auch für uns Menschen liefern die Früchte der klassischen Hecken-gewächse, wie Schlehe, Weißdorn, Heckenrose (Hagebutten), Holunder uvm. wertvolle Lebensmittel, die früher das Überleben sichern konnten. Außerdem liefert(e) die Hecke Brenn- aber auch wertvolles Nutzholz bspw. für die Herstellung von Gartengeräten und Zäunen, Material zum Flechten von Körben oder auch zum Aussteifen der Gefache in Fachwerkbauten. 

 

Artenvielfalt

In Mitteleuropa werden die Heckenbewohner auf ca. 10 000 Tierarten geschätzt. Viele Tierarten sind an spezifische einheimische Gehölzarten oder Gehölztypen angepasst. Von den Samen des Schwarzen Holunder (Sambucus nigra) können sich bspw. bis zu 62 Vogelarten ernähren oder auf Weissdorn (Crataegus sp.) kommen bis zu 54 Schmetterlingsraupen vor. Für Vögel bieten allgemein dornige und Beeren tragende Sträucher wie Schwarzdorn (Prunus spinosa) und Hundsrose (Rosa canina) Futter und sichere Nistplätze in der Hecke. 

Der Neuntöter (Lanius collurio) ist eine Vogelart aus der Familie der Würger (Laniidae) und in Mitteleuropa die häufigste Würgerart. Er ist vor allem durch sein Verhalten bekannt, Beutetiere auf Dornen aufzuspießen | Quelle: Hwbund Lizenz: CC BY-SA 4.0

Mit der Wahl der Gehölzarten können Tierarten oder –gruppen daher auch gezielt gefördert werden. Der Artenreichtum einer Hecke hängt neben der Gehölzzusammensetzung aber auch von ihrem Alter und dem umliegenden Bestand ab. Je jünger eine Hecke ist und je weniger ökologisch wertvolle Hecken im Umkreis stehen, desto geringer ist die Tierartenvielfalt. So können neu gepflanzte Hecken mehrere Jahrzehnte brauchen, um eine hohe Artenvielfalt zu erreichen, insbesondere wenn kein Altbestand im Umkreis vorhanden ist, von dem aus die Tiere in kurzer Distanz zuwandern können.

 

Warum gibt es in den Haßbergen noch so viele Hecken? 

Wer die riesigen zusammenhängenden Ackerflächen im Norden und Osten Deutschlands schon einmal gesehen hat, dem wird in den Haßbergen vor allem eines auffallen: unglaublich viele unterschiedliche Landschaftsbestandteile wechseln sich eng verzahnt miteinander ab. Ein Segen für die Natur, auch wenn dieser eine nicht ganz so einfache Hintergrundgeschichte vorausging:

Viele kleine Ackerparzellen in den Haßbergen als ein Relikt der fränkischen Realerbteilung © Folker Bergmann

 

Denn seit dem Mittelalter prägt in Franken das Prinzip der Realerbteilung sowohl den adeligen als auch den bäuerlichen Besitz und damit auch die Landschaft selbst. Realteilungs- (historisch) oder auch Realerbteilungsrecht bedeutet dabei, dass der Besitz einer Familie, insbesondere der Landbesitz (früher als Realitäten bezeichnet), unter allen Erbberechtigten gleich aufgeteilt wurde. Diese Aufteilung fand bei jedem Erbgang statt, sodass die Parzellen stetig kleiner wurden.

In Deutschland wurde dieser Form des Erbrechts etwa südlich der Linie Aachen, Bonn, Marburg, Erfurt praktiziert, also in der Pfalz, in Kurhessen, Nassau, Franken, Baden und in großen Teilen Württembergs, Thüringens und der preußischen Rheinprovinz. In anderen Gebieten Deutschlands konnte entweder der älteste Sohn (Majorat) den elterlichen Besitz übernehmen oder nur der jüngste Sohn erbte den Hof (Minorat). Es gab auch Sonderformen: So wurde etwa in Hessen der Besitz nur geteilt weitergegeben, wenn er eine bestimmte Größe hatte, etwa über 5 Hektar. Zum Teil sind sogar äußerst kuriose Auswüchse dieser gleichmäßigen Erbteilung überliefert, etwa die physische Teilung und damit Zerstörung einer Bibel oder eines Springerle-Models.

Aus ökologischer Sicht führte dies zwar zur Entwicklung artenreicher Wiesen- und Heckenbiotope, wirtschaftlich gesehen war dieser Zustand jedoch zunehmend unhaltbar. Im 19. Jahrhundert kam es in vielen Regionen daher zu einer durch Realteilung bedingten Verelendung der Kleinbauern, was übrigens auch eine Rolle bei den sozialen Unruhen des Vormärz (um 1830) spielte. Die Lage besserte sich erst, als seit den 1850er und 60er Jahren die Abwanderung in die Industrie einsetzte und mit staatlich koordinierten Flurbereinigungen ab Mitte des 20 Jahrhunderts (aber auch schon früher) der Grundbesitz an Ackerland (teilweise auch Waldbesitz) in einem bestimmten Gebiet mit dem Ziel, anstelle zahlreicher kleiner nur noch wenige zusammenhängende Grundstücke von insgesamt zumindest gleichem Wert zu erhalten umverteilt wurde. In den Haßbergen geschah diese allerdings nicht so drastisch wie in anderen Regionen Deutschlands, weshalb die kleinteilige Landschaft noch größtenteils erhalten geblieben ist. 

 

Quellen:

 https://www.biodivers.ch/de/index.php/Hecke/Grundlagen 

https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/informationen/hecken-feldgehoelze-saeume-vielfalt_lfl-information.pdf 

https://www.suz-mitte.de/pdfs/naturforscher/hecke/fb45a_Lebensraum_Hecke.pdf 

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