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KulturBaden Station 03 - KULTURlandschaft

Unterer Damm, 97488 Stadtlauringen, Deutschland

Station: 03 

KULTURlandschaft 

Es ist ein Begriff, den man immer wieder hört, von dem man selbst immer wieder spricht und der im Grunde ganz geläufig ist. Würde man in der Fußgängerzone jedoch 100 Leute fragen, was eine Kulturlandschaft ist, würde man trotzdem wahrscheinlich 100 verschiedene Antworten erhalten. Da auf dieser Tour das Thema „Kulturlandschaft Haßberge“ im Vordergrund steht, wollen wir uns an dieser Station damit beschäftigen, zu klären, was eine Kulturlandschaft überhaupt ist. Und am Ende erklären wir auch, was der Ellertshäuser See mit diesem Begriff zu tun hat. 

 

KULTURlandschaft – eine Definition

Das menschengemachte Mosaik als Zeichen für die Kulturlandschaft der Haßberge © Folker Bergmann

 

Jede Form von Leben auf unserem Planeten interagiert mit ihrer Umwelt. Diese Interaktionen verändern das Erscheinungsbild ihrer Umwelt in der Regel für einen gewissen Zeitraum. Als Beispiel hierfür kann eine Ziege oder eine Herde Ziegen auf einer Lichtung im Wald sein. Kommen die Ziegen zufällig auf die Lichtung, in der letztes Jahr ein Baum durch Altersschwäche umgefallen ist, fressen sie die jungen, nachwachsenden Bäume, Sträucher und Gräser kahl, die versuchen die entstandene Lücke und das neue Licht auszunutzen. Diese verlieren somit ihre Blätter und können vorerst nicht weiterwachsen oder gehen sogar ein. Folglich bleibt dieser Teil ihrer Umwelt für eine bestimmte Zeit kahl oder, wenn die Ziegen längere Zeit nicht mehr vorbeikommen, wächst wieder nach, verbuscht und wird wieder zu Wald. Kommen die Ziegen jedoch ab jetzt regelmäßig auf die Lichtung, wird diese nicht mehr zuwachsen und die Lichtung sich vielleicht sogar vergrößern. Somit haben die Ziegen ihre Umwelt umgestaltet. 

Viele alte Streuobstwiesen prägen auch heute noch das Landschaftsbild der Haßberge und zeugen von den menschlichen Eingriffen © W. Rottmann

 

Gleiches gilt für uns: Die Landschaften Mitteleuropas stehen seit Jahrtausenden unter dem gestaltenden Einfluss des Menschen. Zunächst geprägt durch eine kleinbäuerliche Flächenbewirtschaftung. Später durch Industrialisierung und modernere landwirtschaftliche Produktionsverfahren. Wie keine andere Form des Lebens, hat der Mensch seitdem die Umwelt geformt und verändert. Die wenigen Bereiche die vollends verschont oder nur sehr gering von ihm beeinflusst wurden, bezeichnen wir heute in der Regel als Naturlandschaften

Aus dieser Ableitung könnte man jetzt schlussfolgern, dass alles das, was nicht Naturlandschaft ist Kulturlandschaft sein muss. Hierzu ein ganz klares JEIN. Denn ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn der Begriff wird in den unterschiedlichsten Bereichen und Disziplinen unseres Lebens, insbesondere der Forschung benutzt. Und je nach Forschungsschwerpunkt wird der Begriff eben auch unterschiedlich interpretiert. 

Eine allgemeingültige Definition des Begriffs Kulturlandschaft gibt es daher nicht. Hier einige mögliche: 

Kulturlandschaften sind ein repräsentativer Teil der Lebenswelt gesellschaftlicher Gruppen, die einem steten Wandel und Anpassungsprozess unterliegen. Sie stehen im Beziehungsgefüge zwischen Mensch, Natur und Kultur. Die verschiedenen Landnutzungen prägen ihr Erscheinungsbild und beeinflussen die Produktions-, Regulations- und Lebensraumfunktionen. Kulturlandschaften erscheinen daher oft natürlich geprägt.“ (Franz Dollinger, 2000) aus KULADIG Uni Kassel 

„Kulturlandschaft, überwiegend durch anthropogene Ökosysteme gebildete Landschaft mit vorherrschender Nutzfunktion. Gegensatz: Naturlandschaft. […] In der Kulturlandschaft sind an die Stelle natürlicher Ökotope anthropogen bedingte Kulturökotope (Ökotop) getreten. Kulturlandschaft wird durch bewirtschaftete Natur bestimmt, in der charakteristische jahresrhythmische Pflegemaßnahmen und Nutzungen stattfinden, traditionell vor allem durch Wiesenmahd, Viehumtrieb, Be- und Entwässerung, Heckenschnitt und (längerfristig) Waldbau. Neben der primär land- und forstwirtschaftlich genutzten Kulturlandschaft mit ihren ursprünglich meist dörflichen Siedlungsformen können auch die städtisch-industriellen Ballungsräume als intensivst genutzte Kulturlandschaften betrachtet werden. […]“ Lexikon der Geographie  

Die terrassenförmig angelegten Weinlagen im Maintal als eine Form des menschlichen Eingriffs in seine Umwelt © Abt-Degen-Weintal

 

„Mit dem Begriff Kulturlandschaft wird meist die dauerhaft vom Menschen geprägte Landschaft bezeichnet. Zusammen mit dem gegensätzlichen Begriff „Naturlandschaft“ entsteht ein komplementäres Begriffspaar (Dichotomie). Je nach Definition werden z. B. Stadtlandschaft, Industrie- oder Wirtschaftslandschaft und der ländliche Raum teilweise zu den Kulturlandschaften gezählt, teilweise jedoch nicht. Kulturlandschaft wird oft verwendet, wenn der historische Bezug und die enge Verknüpfung von „gewachsener“ Landschaft und bäuerlicher Kultur betont werden soll. Wichtige Faktoren für die Entstehung und Entwicklung der Kulturlandschaft sind die Beschaffenheit (Standortbedingungen) des Naturraums mit seiner Fauna und Flora sowie die Wechselwirkungen, die aus der anthropogenen Veränderung des Naturraums resultieren. In der Volkskunde und in der sogenannten historischen Kulturraumforschung, einem Zweig der historischen Landeskunde, werden mit dem Terminus ‘Kulturlandschaften‘ keine materiellen Landschaften, sondern eher Kulturräume angedeutet.“ Wikipedia

 

Kulturlandschaft und Ellertshäuser See

Der Ellertshäuser See ist heute ein beliebtes Freizeitziel © Hannah-Rabea Grübel

 

So, und was hat die Definition des Begriffs der Kulturlandschaft nun mit dem Ellertshäuser See zu tun? Im Grunde alles! Denn wie man am Ostufer des Sees erkennen kann, ist der Ellertshäuser See nicht auf natürlich Weise entstanden. Er ist menschengemacht. Und damit ein perfektes Beispiel, wie durch den Eingriff des Menschen, Landschaft verändert und geformt werden kann. 

Denn die Region in der der heutige Ellertshäuser See liegt, gehört zum großen Gebiet der fränkischen Trockenplatte. Ende des zweiten Weltkrieges kam schließlich die Idee auf, die umliegenden Felder der Gemeinden zu beregnen und hierfür einen Stausee am örtlichen Sauerquellenbach als Wasserreservoir anzulegen. Im Rahmen der Flurbereinigung in den 1950er Jahren wurde dazu der Wasser- und Bodenverband als Betreiber- und Nutzergemeinschaft ins Leben gerufen. Mit dem Bau der Staudamm und den weiteren notwenigen Maßnahmen wurde 1955 begonnen. Der errichtete Staudamm ist ein 25 m hoher und circa 270 m langer Erddamm mit innenliegender, schräger Kerndichtung. Geflutet wurde der See vom Jahr 1957 an bis zum Frühjahr 1958. 

Die Ironie an der Geschichte dieses gravierenden Eingriffs in die örtliche Landschaft: Zur Nutzung für die Beregnung kam es nie, da die Kosten für den Aufbau und die Unterhaltung der Beregnungsanlagen zu hoch waren. 1970 wurde der See vom Wasser- und Bodenverband an den Freistaat Bayern veräußert.

Die vorwiegende heutige Nutzungsform des Ellertshäuser Sees: Badespaß für Groß und Klein © Florian Trykowski

 

Heute wird der See als Naherholungsgebiet genutzt und gilt mit seiner Gesamtfläche von 33 Hektar als der größte Stausee Unterfrankens. Weite Teile sind zum Baden, Tauchen, Segeln und Angeln freigegeben. Die restlichen Flächen sind als Biotope angelegt und als Naturschutzgebiete ausgewiesen. Darüber hinaus dient er als Wasserrückhalt, um Hochwasser im Frühjahr bei der Schneeschmelze zu vermeiden und in der trockenen Zeit im Sommer und im Herbst den Sauerquellenbach mit genügend Wasser zu speisen.

Der Ellertshäuser See stellt damit ein durchaus geeignetes Beispiel unserer „Kultur“-Landschaft dar. Was man jedoch genau unter dem „Kultur“ versteht, das sei einmal dahingestellt und würde den Inhalt dieser Station bei weitem sprengen. Und wem jetzt vor lauter Radeln, Lesen und Nachgrübeln der Kopf raucht, dem empfehlen wir ein kurzes Päuschen am Ufer oder eine kühlende Erfrischung im Wasser des Ellertshäuser Sees! Kulturlandschaft ahoi! 

Wer mehr über die Definition des Begriffs Kultur wissen möchte, dem empfehlen wir die nachfolgende Website der Bundeszentrale für politische Bildung: 

www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/59917/vielfalt-der-kulturbegriffe/ 

 

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