Kleine Städte - Große Denker Station 01: Regiomontanus
Marktplatz 1, 97486 Königsberg in Bayern, Deutschland
Station 01
Regiomontanus-Stadt Königsberg
Hallo und herzlich Willkommen an der ersten Station auf unserer Radel-Tour zu den großen Denkern der Haßberge. Hier in Königsberg startet die illustre Runde mit keinem geringeren als dem wohl größten Sohn der Stadt: dem Königsberger Johannes.
Der „Königsberger“ Johannes
Er bereitete im Auftrag des Papstes den Gregorianischen Kalender vor, ebnete den Weg für die Laufbahn des Kopernikus, ermöglichte großen Seefahrern wie Kolumbus weitreichende Entdeckungen und war einer der bedeutendsten Mathematiker und Astronomen seiner Zeit: Johannes Müller, genannt Regiomontanus. Geboren hier im malerischen Königsberg in Bayern. Das sich nach ihrem wohl größten Sohn auch „Regiomontanus-Stadt“ nennt.
Eine Statue von Regiomontanus ziert den Brunnen auf dem Königsberger Marktplatz © F. Trykowski
Das kleine Genie wird zum großen Mathematiker und Astronomen
Johann(es) Müller wurde am 6. Juni 1436 in Königsberg geboren. Wie schon sein Nachname vermuten lässt, war er kein Kind des gelehrten Adels, sondern sehr wahrscheinlich eines einflussreichen Müllers aus Königsberg. Während seiner späteren Karriere und Reisen verwendete er seinen eigentlichen Nachnamen jedoch nicht und nannte sich bei persönlichen Vorstellungen lieber „Johannes de monte Regio“, „De Regiomonte“, „Kunisperger“ oder „Meister Hans de Kungsberg“.
Der kleine Johannes zeigte offensichtlich schon früh eine außergewöhnliche intellektuelle Begabung, sodass er schon im Alter von zwölf Jahren seine Heimat verließ um an der Universität in Leipzig zu studieren. Alte Sprachen und mathematischen Wissenschaften sollten ihn während seiner ersten drei Jahre fern der Heimat beschäftigen. Da in Leipzig die Mathematik jedoch nicht in dem Umfang gelehrt wurde, wie es das aufstrebende Genie gewollt (oder gebraucht hatte), wechselte er im April 1450 an die Universität in Wien. 1452 erlangte er dort seinen Bakkalaureus und fünf Jahre später seinen Magister. Gemeinsam mit seinem Professor und Förderer Georg Peurbach (1423–61), der ihn in astronomische Beobachtungstechniken und die Herstellung von Instrumenten einlernte, wurde er im Laufe dieser und der darauffolgenden Zeit zum bedeutendsten Vertreter der Wiener astronomischen Schule.
Der „Superstar“ unter den Astronomen seiner Zeit: Johannes Müller, genannt Regiomontanus | gemeinfrei
Es dauerte dann auch nicht mehr lange bis er seine erste eigene Vorlesung, bezogen auf das erste Buch des Euklid, dem bedeutendem griechischem Mathematiker aus dem 3. Jhd. v. Chr. an der Universität in Wien hielt. Die Kenntnisse der „alten Sprachen“ aus seinem vorhergehenden Studium sowie die intensive Auseinandersetzung mit der griech. Mathematik und insbesondere mit Euklids „Elementen“ führten dazu, dass er aus den ihm zur Verfügung stehenden Handschriften sogar einen verbesserten und kommentierten Euklid-Text erstellte.
Vom Lehrling zum Meister
Entscheidend für seine weitere Karriere wurde schließlich die Begegnung mit dem italienischen Kardinal, Humanisten und „Neuplatoniker“ Bessarion
(1403–72) der sich 1460/61 in päpstl. Auftrag in Wien aufhielt. Er trat dabei an Peurbach mit dem Gesuch heran, ihn nach Italien zu begleiten, um eine Neuanfertigung des „Almagest“, einem der Hauptwerke der antiken Astronomie das auf den Gelehrten Claudius Ptolemäus zurückgeht, anzufertigen. Der Professor stimmte unter der Bedingung zu, dass Regiomontanus ebenfalls an der Reise teilnehmen durfte. Der Kardinal stimmte zu, doch Peurbach verstarb unerwartet noch vor Reisebeginn. Trotz des bedrückenden Verlustes seines Lehrmeisters trat Johannes Müller 1461 die Reise schließlich alleine an.
Die nächsten vier Jahre verbrachte er teils im Gefolge des Kardinals, teils auf eigenen Reisen. Er erwarb dabei gute griech. Sprachkenntnisse, wobei er von der hervorragenden Bibliothek Bessarions profitierte. In Italien vollendete er 1463 die Bearbeitung des „Almagest“. Später unter dem Titel Epytoma in almagestum Ptolomei (Venedig 1496), als ein kommentierter Auszug aus dem Almagest gedruckt, wurde sie zu einem der grundlegenden Werke für die Astronomie der Renaissance, das unter anderem auch von Kopernikus und Galilei benutzt wurde. Auch die wesentlichen Teile von „De triangulis planis et sphaericis libri“ (lat.: Ein Buch über ebene und sphärische Dreiecke), des ersten in Westeuropa entstandenen systematischen Lehrbuchs der Trigonometrie, das u. a. den Kosinus-Satz für sphärische Dreiecke enthält, entstanden in dieser Phase seines Lebens. Mit diesem Werk, das großenteils auf arab. Quellen beruht, begründete Johannes Müller die Trigonometrie als eigenständige Wissenschaft in Westeuropa.
Das von Regiomontanus verfasst Werk „De triangulis planis et sphaericis libri“ (Basel, 1561) das die neuzeitliche Trigonometrie begründete | Quelle: wikicommons, gemeinfrei
Ungarn und Regiomontanus
1467 begab sich Regiomontanus dann auf Einladung nach Ofen (Buda, Ungarn), wo ihn der Erzbischof von Gran mit der Erstellung astronomischer Tafeln beauftragte. Vier Jahre lang konstruierte er dort eigene Beobachtungsinstrumente - um 1470 entwickelte er unter anderem den Jakobsstab, der u.a. zur Bestimmung des Höhenwinkels eines Sternes genutzt wurde, weiter - und erstellte mit Unterstützung des Polen Marcin Bylica (1433–1493), Hofastronom des ungarischen Königs Matthias, Sinus- und Tangententafeln mit einer Genauigkeit von bis zu sieben Stellen nach dem Komma!
Jakobsstab des 17. Jahrhunderts (Kunstkammer im Landesmuseum Stuttgart) | Quelle: Rudolf H. Boettcher, CC BY-SA 4.0
Einmal Franke immer Franke
Auf der Suche nach einem Wohnort, der ihm mehr materielle und geistige Hilfsmittel bot, kehrte Regiomontanus 1471 aber wieder in seine Heimat zurück (Nürnberger Ratsbeschluß v. 29.11.1471). Gemeinsam mit seinem Freund und Mäzen Bernhard Walther (1430–1504) baute er in Nürnberg eine Druckerei, eine eigene Sternwarte und eine mechanische Werkstatt auf, in der astronomische Instrumente, darunter das Astrolabium oder das Torquetum, entwickelt und gebaut wurden.
Ein Astrolabium von Regiomontanus, ein astronomisches Recheninstrument, um den drehenden Himmel nachzubilden und Berechnungen von Sternpositionen vorzunehmen | Quelle: Coyau, CC BY-SA 4.0
Torquetum von Johannes Praetorius aus dem Besitz des Nürnberger Arztes und Astronomen Melchior Ayrer (1568) im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg | Quelle: Wolfgang Sauber, CC BY-SA 3.0
In seiner Druckerei wollte er seine Abhandlungen und Tabellenwerke in bester Qualität herstellen und wurde damit mehr oder weniger zum ersten deutschen Verleger von mathematischer und astronomischer Literatur.
Besondere Bedeutung sollten seine Ephemeriden (Ephemerides quas vulgo vocant Almanach), eine Vorausberechnung der täglichen Bewegungen der Himmelskörper, der Konjunktionen und Finsternisse auf die folgenden 32 Jahre, für die Jahre 1475 bis 1506, erlangen. Denn insbesondere die großen Seefahrer jener Zeit wussten dieses gedruckte Tabellenwerk (GW M37486) zu schätzen und dienten bspw. Christoph Kolumbus bei seinen Entdeckungsreisen nach Übersee. Ein Original-Exemplar mit eigenhändigen Einträgen von Columbus, ist heute in der Bibliotheca Columbina in Sevilla (Spanien) ausgestellt.
Zweite und letzte Reise nach Rom
Durch seine frühere Zeit in Italien bekannt und seinem mittlerweile europaweit erlangten Ruf, lud ihn Pabst Sixtus IV im Jahr 1475 zur Mitwirkung an der erst 100 Jahre später und Papst Gregor umgesetzten, Kalenderreform ein. Bereits ein Jahr später starb er allerdings im Alter von nur 40 Jahren in Rom, wahrscheinlich an der Pestepidemie, die im gleichen Jahr dort ausbrach.
Nach seinem Tod, verwaltete sein Schüler Bernhard Walter gewissenhaft seinen Nachlass und beendete auch die begonnen Projekte von Regiomontanus. Allerdings nur bis 1504, da er in diesem Jahr ohne Nachkommen stirbt und sich niemand mehr um die erbauten Einrichtungen und die Bibliothek kümmert. Erst fünf Jahre später, im Jahr 1509, erwarb kein geringerer als Albrecht Dürer, das bereits geplünderte und verlassene Haus des Johannes Müller, genannt Regiomontanus.
Gedenktafel für Regiomontanus am Geburtshaus Regiomontanus in Königsberg (angebracht am Nachfolgehaus) | Quelle: Heinrich Epler, CC BY-SA 4.0
Kleiner Tipp:
Falls Sie noch mehr über das Leben und das Werk des „Königsberger Johannes“ erfahren wollen, gibt es eine kleine aber feine Regiomontanus-Ausstellung samt Audioguide in Königsberg im Haus am Salzmarkt 2 (gegenüber dem Café „ZwergRiese“). Weitere Informationen hierzu finden Sie hier: Regiomontanus Ausstellung Königsberg i.Bay.
Die nächste Station zum nächsten schlauen Kopf der Haßberge finden Sie auf dem idyllischen Marktplatz in Hofheim. Bis dahin viel Spaß beim Radeln!
Quellen:
https://www.spektrum.de/wissen/regiomontanus-1436-1476/1295816
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