Ein Interview mit Bernd Keller, dem 1. Vorsitzenden des Odenwälder Schäferverein e.V.
Warum ist die Landschaftspflege im Odenwald durch Schafherden so wichtig?
Der Odenwald ist eine kleinstrukturierte Region mit vielen Grenzstandorten, steilen Hanglangen, Naturschutzgebieten und Streuobstwiesen. Hier ist es besonders schwer bzw. sogar verboten die Flächen mit Maschinen zu bewirtschaften. Flächen von Schafen beweiden zu lassen ist zudem noch natürlich und umweltschonend. Außerdem wird die Fläche so gleich gedüngt.
Die Schafe freuen sich auch wegen des abwechslungsreichen Futters auf naturbelassenden, kräuterreichen Flächen und Streuobstwiesen.
Gibt es konkrete Beispiele im Odenwald?
Der Eutergrund bei Bullau zum Beispiel ist ein Naturschutzgebiet. Diese Fläche darf nicht mit Maschinen bewirtschaftet werden. Die Beweidung bzw. Pflege der Naturschutzgebiete wird finanziell gefördert. Leider gibt es im Odenwald sehr wenige zusammenhängende Naturschutzgebiete. Ich selbst beweide in der Umgebung von Rehbach einige kleine Flächen, die unter Naturschutz stehen, die Solaranlage in Langenbrombach und habe auch eigene Streuobstwiesen, die beweidet werden.
Warum eignen sich Schafe besonders zur Landschaftspflege? Welche Schafrassen gibt es hier?
Schafe verursachen auf Grund ihrer Größe und ihres Gewichtes nur sehr geringen Trittschaden.
Die großen Nutztierrassen wie z.B. Pferde oder Rinder, würden die Naturschutz- und Feuchtgebiete zertrampeln, da sie einfach zu groß und zu schwer sind.
Zur den Schafrassen lässt sich sagen, dass hier keine Hochleistungstiere geeignet sind, die besonders viel Milch oder Wolle produzieren müssen, da das Futter in der Qualität doch sehr unterschiedlich ist und so keine konstante Futtergrundlage für die erwartete Leistung geschaffen werden kann. Ein weiterer Hinweis auf die passende Schafrasse ist der Name. Die Rassen sind oft nach den Regionen benannt, für die sie gezüchtet wurden, wie zum Beispiel das Rhönschaf.
Wie sind Sie zur Schäferei gekommen?
Das ist eine lustige Geschichte. Wir haben an unserem Haus eine kleine Grünfläche. Ich war einfach zu bequem, diese jedes Mal zu mähen und hatte mir daher überlegt, im Frühjahr zwei Schafe zu holen, die das Grundstück abweiden und diese dann im Herbst für gutes Lammfleisch zu schlachten.
Nachdem ich die Ausbildung zum Tierwirt mit Fachrichtung Schafhaltung abgeschlossen hatte, haben wir einen großen Stall gebaut. Anschließend habe ich auch meine Meisterprüfung abgelegt und beliefere nun mit unserem Lammfleisch auch einige der Odenwald-Gasthäuser.
So ist dann aus einer Übergangslösung mit zwei Schafen die Leidenschaft geworden.
Wie kam die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und den Odenwald Gasthäusern zustande?
Ich kannte Thomas Löw vom Odenwald-Gasthaus „Zum Löwen“ schon zu Jugendzeiten. Irgendwann kam er an meinem Stall vorbei und fand die Idee toll, das Lamm als Aushängeschild für seine Gastronomie zu nutzen. Ich war zu der Zeit daran, meine Herde zu vergrößern und hatte schon nach Vertriebswegen Ausschau gehalten. Besonders wichtig war es mir, meine Produkte möglichst nicht aus der Region herauszutragen, sondern die Gäste mit den Produkten in den Odenwald zu holen.
Die kurzen Transportwege zwischen Aufzucht, Schlachtung und Verarbeitung wirken sich erkennbar positiv auf die Qualität aus. Und so wurde ich Lieferant der Odenwald-Gasthäuser.
Wie bewerten Sie persönlich die Zusammenarbeit zwischen Gastronomie und Landwirtschaft?
Die Zusammenarbeit mit den Odenwald-Gasthäusern ist hervorragend. Es ist wichtig für die Region, dass die Gastronomie auch außerhalb der Lammwochen hinter den regionalen Produkten steht.
Die Gäste gewöhnen sich an diese Qualität. Bei einem Sonntagsausflug in die Region können sie sich dann darauf verlassen, dass sie im ganzen Jahr die regionalen Produkte auf den Teller bekommen.
So kommen die Gäste regelmäßig und man baut sich eine Stammkundschaft auf.
Für die Schäfer hat das auch Vorteile: es kommen viele Gäste der Odenwald-Gasthäuser zu mir und möchten direkt Lammfleisch kaufen, um selbst zu kochen. Oder sie kaufen Lammfelle.
Die Odenwald Gasthäuser machen hier auch für die Schäfer Werbung, indem sie mit den Produkten kochen und jedem Gast zeigen, wo das Produkt her kommt. Diese Transparenz ist ein besonders wichtiger Faktor für Gäste, Schäfer und die Gastronomie, sie ist das Qualitätsmerkmal der Region.
Es gibt einige wichtige Projekte, in denen Schäfer und Gastronomen gut zusammen arbeiten. Wie ist hier die Resonanz der Gäste?
Angefangen mit den Lammwochen, über den „Lammguck“ bis zum Schäfertag gibt es im Jahr viele gemeinsame Projekte. Die Veranstaltungen ziehen Jahr für Jahr wieder die Gäste in den Odenwald und locken auch eine große Zahl neuer Gäste her. Bei Veranstaltungen wie dem „Lammguck“ sehen die Gäste was in den Odenwald Gasthäusern serviert wird, sie können schauen wie die Tiere aufwachsen, können auf Tuchfühlung gehen und auch direkt vor Ort Produkte wie Lammfelle, Lammfleisch oder Lammwurst kaufen. Für die Kunden ist es sehr wichtig, zu wissen was auf dem Teller landet. Sie können hier sehen, dass die Tiere artgerecht gehalten werden. Derade Schafe sind die Nutztiere, die noch am natürlichsten aufwachsen, bzw. gehalten werden. Bevor das Lamm geschlachtet wird, verbringt es in der Regel das ganze Leben auf der Weide in der Natur.
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