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erstellt am 06.03.2022

Lost Places in der Heideregion – In die Zentren des Abgelegenen

Autor:Janina Fuge

Vergessenes und Verfallenes zu suchen, ist meistens ziemlich abwegig. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Der Weg, der zu „Lost Places“ in der Heide führt, ist meist wenig belebt. Mal geht es durch Wälder, mal müssen Hindernisse – morsche Zäune, brüchige Mauern – überwunden werden, bis man angekommen ist: In den Zentren des Abgelegenen, in denen marode Bauten als Fotomotive oder Abenteuerspielplätze für die Fantasie auf ihre neugierigen Besucher warten.

Die Szene der Geheimnissucher

„Lost Places“ als generelles Phänomen sind längst kein Geheim-Tipp mehr, sondern eher zu einer Art Breitensport geworden: Google wirft 1.890.000.000 (in Worten: 1,89 Milliarden)Treffer bei der Suche nach „Lost Places“ aus. Meist sind es 

  • Industrie-Ruinen, 
  • nicht mehr genutzte militärische Anlagen 
  • oder sogar imposante Privathäuser, 

die allesamt verlassen und dem Verfall preisgegeben sind. Ihre Faszination besteht darin, dass die Besucher sich selbst auf eine (mitunter waghalsige) Entdeckungstour inmitten morscher Balken machen können und mit dem ungewiss-Geheimnisvollen locken. 

Die Hobby-Ruinen-Forscher bewegen sich dabei in rechtlicher Grauzone: Die Liegenschaften sind oft im Privatbesitz, der Besuch eigentlich nie wirklich gestattet, wenn auch mitunter geduldet. Zurückhaltung ist deshalb stets angesagt – einerseits beim Veröffentlichen von Bildern, aber auch beim Weitergeben von Orten. Verpönt ist das in der Szene, immerhin leiden die meisten der auch legendären „lost places“ unter gehörigem Vandalismus. Ehernes Gebot daher für alle, die es
ernsthaft betreiben: Nimm nichts mit außer Fotografien – hinterlasse nichts außer Fußspuren …
 

Klassiker des Verlorenen


Es gibt dabei einige Klassiker der so genannten „Urbex-Szene“. „Urbex“ ist dabei die Abkürzung für „Urban Exploration“ und meint die Ruinen-Erkundung in städtischen Räumen: 

  • Die Heilstätten in Beelitz beispielsweise, ein riesengroßes Klinik-Gelände in der Nähe Berlins, das heute sogar anteilig baulich erneuert wird. 
  • Oder: Das neugotische, bizarr verfallsschöne Schloss Noisy nahe der belgischen Stadt Celles, das inzwischen allerdings leider abgerissen ist. 
  • Die „Urologenvilla Dr. Anna L.“, 
  • der Berliner Spreepark
  • die Abhöranlage am Berliner Teufelsberg
  • die Villa Kolbe in Radebeul, 
  • und und und. 

Die Liste ist lang – und jeder einzelne Ort kann Geschichte und Geschichten erzählen.
 

„Lost Places“ in der Lüneburger Heide


Auch in der Lüneburger Heide wird fündig, wer nach Vergessenem sucht. Manche Orte sind dabei sogar ohne die Gefahr, einen Hausfriedensbruch zu begehen, zugänglich. 

Lopau

Lopau zum Beispiel. Eigentlich ein kleines Heide-Dorf, das schon im 13. Jahrhundert erwähnt wurde, ist Lopau heute für die Öffentlichkeit weitgehend gesperrt. Anfang der 1980er Jahre wurde der Truppenübungsplatz Munster erweitert, Lopau fiel in den Sicherheitsbereich – und die Bewohner wurden nach langem Streit um den Erhalt des Ortes und des unberührten Lopautals umgesiedelt. Seitdem stehen die Häuser verriegelt leer, der Ort ist nur sporadisch zugänglich – über Wulfsode oder, auf unbefestigten Wegen, über Ehlbeck. Betreten werden darf das verlassene Dorf nur, wenn die Schranken zum Truppenübungsplatz geöffnet sind.

Pelikan Mausoleum

Auch rund um Eschede finden sich schnell Spuren der Vergangenheit. Gar nicht wirklich „lost“, aber doch nur zu finden für die, die um seine Existenz wissen, ist das „Pelikan Mausoleum“ in einem kleinen Wald bei Gut Auermühle, dem ehemaligen Sitz der Pelikan AG-Inhaberfamilie Beindorff in der Gemeinde Steinhorst (Landkreis Gifhorn). Mitten in einem kleinen Waldgebiet ist hier der Beindorffsche Familienfriedhof angelegt. Mächtige, steinerne Pelikane wachen über die imposante Granit-Anlage.

Grundmauern der IG Farben Fabrik

Nur wenige Menschen der Region wissen, dass die IG Farben – der Vorgänger des Chemieriesens Bayer – ab 1888 ein Produktionsgelände für Sulfonal- und Mercaptanproduktion im Wald bei Schelploh hatte. Jede Menge Schadstoffe wurden freigesetzt, die Bevölkerung empörte sich jedoch vielmehr noch ob des Gestanks, den die schwefelhaltige Produktion verursachte. Ein Brand bedeutete dann jedoch das Ende. Heute sind von der 1907 abgerissenen Fabrik noch immer Grundmauern im Wald zu sehen – und eine Reihe von bunten Skulpturen – Chemiefässern – erinnert an die durchaus auch schwierige Vergangenheit des Platzes.
 

Weitere Ruinen in der Heide, die von Vergangenem berichten

In der Nähe des Elbe-Seiten-Kanals in Bevensen, Richtung Groß Hesebeck, liegt das 14 Hektar große Gelände des ehemaligen Hamburgischen Krankenhauses. Seit knapp zehn Jahren ist das in Kriegszeiten für die Hamburgische Bevölkerung gebaute Ausweichkrankenhaus mittlerweile Geschichte. Auf dem 14 Hektar großen Areal zwischen Elbe-Seiten-Kanal und klein Bünstorfer Heide wuchert das Gras, Büsche und kleine Bäume sprießen wild. Über den ehemaligen Eingang – dort, wo noch die Reste des ehemaligen Pförtnerhäuschens zu sehen sind – lässt sich das Gelände betreten. Und noch immer finden sich Reste von Fundamenten, die berichten von dem, was hier einmal war.

Genau wie in Suderburg: Auf dem blauen Berg, der „höchsten Erhebung“ im Raum Suderburg, liegen versteckt im Wald die Reste einer Segelflughalle aus dem
Jahr 1936. Leicht ist an ihnen vorbei zu laufen – aber wer es weiß, erkennt die flache Grundfläche einer großen Halle des einstigen Flugplatzes für Segelflugfreunde, die am Hang des Berges gute Startbedingen vorfanden.

Mit Sicherheit gibt es noch andere „vergessene Orte“ der Region, deren Besuch weniger unkompliziert möglich ist. Wer die jedoch finden will, sollte tun, was wahre Urbexer tun: Die Orte selbst herausfinden. 

  • Google befragen, 
  • mit google maps nach entsprechenden Liegenschaften suchen, 
  • Einheimische befragen, 
  • selbst die Augen offenhalten, 
  • die Landschaft lesen lernen. 

Und manchmal vielleicht ein kleines bisschen mutig sein …

Mithilfe von Geocaches Lost Places erkunden
 

Eine wunderbare Möglichkeit, an zumindest anteilig verborgene oder geheimnisvolle Orte geführt zu werden, ist das Geoaching – eine digitale Schnitzeljagd. Unabdingbares Werkzeug dafür sind GPS-fähige Geräte – also Smartphones oder besser noch: spezielle GPS-Geräte, die es im Handel für Preise zwischen etwa 50 und einigen Hundert Euro gibt. Hier geben die Cacher die zuvor auf Internetseiten wie www.geocaching.com herausgefundenen Koordinaten ein und suchen, dort angekommen, in Gebüschen, im Laub, unter Parkbänken oder in Mauerspalten nach dem, was sich hier Rätselhaftes verbergen mag.

Eine spannende Tour heißt beispielsweise „Lost-Lost Place v.1.2.“ und wurde vom Nutzer „witkiewicz“ angelegt (zu finden über google oder mit Premium-Account bei www.geocaching.com). Es handelt sich um einen so genannten „Multicache“ mit 11 Zwischenstationen – empfohlen werden unempfindliche Kleidung, Handschuhe, Knieschoner und auch eine Staubschutzmaske. Die Rätsel-Tour führt einmal über das Gelände des ehemaligen Geländes des Hamburgischen Krankenhauses – Startpunkt ist hier: N 53° 03.910 E 010° 35.999. Und es gilt, jede Menge Rätsel zu lösen …

Hilf- und anregungsreich bei der Suche nach „Verlorenem“ im Celler Raum ist übrigens der Blog des rührigen Heimatforschers Hendrik Altman: http://found-places.blogspot.de oder seine Facebook-Gruppe „Heimatforschung Landkreis Celle“.

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