Die Pfarrkirche St. Martin ist eine herausragende kleine Dorfkirche aus gotischer Zeit. U.a. Fresken des Tiroler F.A. Zeiller aus 1753. Ein sakrales Juwel im westlichen Pfaffenwinkel. Friedhof mit über 60 schmiedeeisenen Kreuzen.
Patrozinium: St. Martin (11. November)
Lage:
Sachsenried liegt 837 m hoch auf einer Erdmoräne über dem Schönachtal am westlichen Rand des Pfaffenwinkels. Begrenzt von den Chiemgauer Bergen im Osten, dem Wettersteingebirge im Süden und den Allgäuer Alpen im Südwesten.
Geschichte:
Gegen Ende des 8. Jh. wurden hier die von Karl dem Großen unterworfenen Sachsen zwangsweise angesiedelt und zu systematischen Rodung gezwungen. Fränkischer Einfluss bestimmte das Patrozinium der Kirche, die dem hl. Matin, dem Schutzpatron der Franken, geweiht wurde. Erstmals urkundlich erwähnt wird Sachsenried 1059 in einer Urkunde Heinrichs IV. Am 10. Sept. 1218 bestätigte Friedrich II. die Rechte des Füssener Klosters an Sachsenried.
Baugeschichte:
Reste der in romanischer Zeit aus Tuffsteinen (vom Bruch im benachbarten Schwabsoien) errichteten Kirche sind im Unterbau des Turmes vorhanden . Zwischen 1744-46 ließ Abt Benedikt III. Pantner (1738-1745) die Kirche mit Verwendung von Teilen der Chor- und Langhausmauern sowie der gerundeten Apsis erweitern und mit deiner Doppelempore im Westen versehen. Kirche und Friedhof wurden mit der heute noch vorhandenen Mauer umgeben. Der kunstsinnige Abt Gallus Zeiller (1750-1755) ließ die Kirche in den Jahren 1753-54 durch zwei hervorragende Künstler, Joseph Fischer von Faulenbach bei Füssen und Franz Anton Zeiller aus Reutte, barockisieren.
Baubeschreibung:
Außen:
Der einfache, geostete Saalbau ist in einen zweiachsigen Chorraum mit Pilastergliederung und gerundeter Apsis und in ein dreiachsiges Langhaus geteilt. Im Süden des Langhauses steht der Turm mit hohem quadratischem Unterbau, einem Oktogon und der abschließenden Zwiebel mit vergoldetem Knauf. Östlich des Turms wurde die Sakristei angebaut.
Innen:
Über der Sakristei ist das Oratorium (Betraum für den Patronatsherrn aus Füssen oder den Meier als Vetreter des Klosters) eingefügt.
Darüber befindet sich ein gemaltes Halbfenster. An der Wand vor dem rechten Seitenaltar ist wegen des Turms ein Halbfenster gemalt (mit einer Taube rechts unten).
Durch den Abt Plazidus Zerle (1755-1763) wurde die Inneneinrichtun mit der Aufstellung der beiden Seitenaltäre abgeschlossen.
In den Jahren 1895 und 1922 wurde die Kirche restauriert. Bei der letzten Renovierung 1988 wurde (aus finanziellen Gründen leider nur) teilweise die ursprüngliche Farbgebung der Stuckaturen, die wohl Franz Anton Zeiller in Abstimmung mit den Farben seiner Fresken ausgeführt hat, freigelegt.
Im Friedhof rund um die Kirche wurde im 20.Jh. eine Sammlung von über 60 schmiedeeisernen Grabkreuzen aus dem 17.-20.Jh. aufgestellt.
Im Jahr 2015 gestaltete der Bildhauer Joachim Kraus aus Markt Rettenbach einen Volksaltar und einen Ambo. Beide erfüllen bestens die liturgischen Erfordernisse und fügen sich gut und behutsam in den barocken Raum ein. Die Zweiteilung des Altarsockels ist ein Hinweis auf die Mantelteilung des Hl. Martin. In den Altar sind Reliquien der hl. Creszentia von Kaufbeuren und der hl. Christina eingefügt.
Im Westen sind die Männerempore und darüber eine kleine, zurückgesetzte Empore für Orgel und Chor.
Links unter der Empore hängt in einem altarförmigen Rahmen mit gedrehten Säulen und vier Puttenköpfchen aus dem Jahre 1640 eine Kopie des Wessobrunner Gnadenbildes "Die Mutter der schönen Liebe", die um 1735 entstanden ist.
Der Chorraum:
Der Blick wird durch Architektur und Innenausstattung zum wichtigsten Teil der Kirche geführt, zum Hochaltar, der die Stirnwand des Chorraumes einnimmt.
Joseph Fischer von Faulenbach hat ihn 1753 hergestellt und die Altarrückwand sowie die beiden freistehenden Säulen in kostbarem Stuckmarmor ausgeführt.
Wegen des immensen Arbeitsaufwands war Stuckmarmor sehr teuer, bot aber die Möglichkeit, die gewünschten Farben und Ornamente zu gestalten.
Zwei kleine gedrehte Säulen und eine runde mit vergoldeten Kapitälen auf beiden Seiten gliedern den eleganten, gut marmorisierten Holztabernakel.
In flachen Nischen neben dem Kreuz im Drehtabernakel stehen die Gottesmutter Maria und Johannes der Evangelist.
Darüber erinnern die versilberten Darstellungen des Lamm Gottes auf dem Buch mit sieben Siegeln mit goldenem Strahlenkranz und des Pelikans (der nach der Legende seine Jungen mit dem eigenen Blut vor dem Verhungern rettete) an Christi Opfertod für die Menschen.
Zu beiden Seiten des Lammes halten vier kleine Putti Blumengirlanden.
Ganz oben im Auszug des Altars ist in einen sechszackigen goldenen Stern (bestehend aus zwei übereinander gelegten Dreiecken, dem Symbol der göttlichen Dreifaltigkeit) das Auge Gottes eingefügt.
Das Altarblatt von Franz Anton Zeiller, umrahmt von den beiden freistehenden Säulen, zeigt den Kirchenpatron St. Martin mit der berühmten Mantelteilung. Der Bettler auf dem Altarbild trägt deutlich Christi Züge. Eine Diagonale vom Kopf des Bettlers über das Gesicht Martins führt in den Himmel, wo die Engel jubilieren, weil Martin im Geist der Nächstenliebe gehandelt hat. Sie tragen bereits die Insignien seiner späteren Bischofswürde, Stab und Mitra.
Sein Tod ist auf dem Antependium dargestellt. Am 11. November wurde er in Tours begraben. Bald gehörte er als Patron der Bedrängten und Armen zu den populärsten Heiligen Europas.
Ein kleineres Oval im Auszug zeigt den hl. Magnus (um 700-772), Gründer und Patron des Füssener Klosters, mit seinem berühmten Stab, mit dem er Untiere und Ungeziefer bannte. Im Hintergrund der Drachen und die Füssener Berge.
An den Außenseiten der Altarsäulen stehen die Figuren der Heiligen Ulrich (links) und Afra (rechts), Patrone des Bistums Augsburg.
Chorraumfresko:
Das Mittelfresko im Chorraum öffnet den Blick in den Himmel und zeigt die Fürbitte der Gottermutter sowie des Kirchenpatrons St. Martin für Sachsenried vor der Hl. Dreifaltigkeit.
Die Personen der göttlichen Dreifaltigkeit im oberen Drittel bilden die erste Gruppe mit der Taube als Symbol des Heiligen Geistes im Scheitelpunkt. Auf einer Wolke sitzt rechts ein gütiger Gottvater. Er breitet seine Rechte segnend über die Erde und hält, gestützt auf die Weltkugel, in der Linken ein Szepter als Zeichen seiner Herrschaft. Links (von Gottvater aus zur Rechten) steht Christus als der von den Toten auferstandene, strahlend schöne Erlöser, der mit der linken Hand auf das Kreuz mit der Dornenkrone deutet.
Zur zweiten Gruppe gehören Maria, St. Martin und unten die Gemeinde Sachsenried. Maria, die Gottesmutter, steht den göttlichen Personen am nächsten. Sie kniet unterhalb von Gott Vater auf einer Wolke, die Rechte demütig anbetend auf der Brust. Die ausgestreckte Linke hält sie schützend über Sachsenried. Ein breites Wolkenband, das von ihr zur Erde hinabreicht, versinnbildlicht den Gnadenstrom, der durch sie zur Erde fließt. Etwas unterhalb kniet links auf einer dunklen Wolke in himmlischer Glorie der Kirchenpatron. Mit der Rechten zeigt er als Fürsprecher auf das Dorf.
Am unteren Bildrand rechts ist Sachsenried dargestellt. Die Kirche mit Friedhof und Friedhofsmauer, die dem heutigen Aussehen entsprechen, steht an der alten Reichsstraße, die über Dietlried nach Kaufbeuren geführt hat.
Das Langhaus
Im vorderen Teil ist das Wirken des hl. Martin als Missionar in seiner Diözese dargestellt. Er ließ heidnische Tempel einreißen, Götterstatuen stürzen und den Göttern geweihte Bäume fällen. All das ist hier in Handlung aufgelöst.
Im Mittelpunkt des Vordergrundes steht der mächtige Götterbaum, dessen diagonal nach rechts oben verlaufender Stamm mit seinen Blättern bis zu den Wolken und damit in den Bereich des Himmels führt. Mit weit ausholendem Schwung schlägt ein mächtiger Holzfäller die Axt in den Stamm, der vorne so eingekerbt ist, dass er genau in die Richtung des hl. Martin fallen muss. Der Heilige, angetan mit bischöflichen Gewändern, den Bischofstab in der Linken, das Evangelienbuch unterm Arm, hebt die rechte Hand und befiehlt dem Baum mit der Sicherheit des Glaubenden, nicht auf ihn zu fallen. Die selbstbewusste (Martins-)Gans steht ruhig daneben, davon überzeugt, dass ihr neben dem Bischof nichts passieren kann. Daraufhin bekehrte sich das ganze Dorf zum Christentum.
Im Vordergrund sitzt und steht das Volk im Halbkreis und sieht mit Erstaunen, dass die Götter ohnmächtig sind.
Am unteren Bildrand, links neben der Signatur "A.(nton) Zeiller, 1753" hat sich der Maler selbst porträtiert, in einem blauen Wams, einer roten Kniehose, einem roten Umhang, einem roten Barett und Schnürschuhen.
Oben auf einer mächtigen Wolke sitzt eine Frau als Symbol für den Glauben. Sie trägt eine Binde vor den Augen, entsprechend Christi Wort zum Apostel Thomas : "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben" (Joh 20,29).
Damit werden Bedeutung und Anliegen des Freskos deutlich:
Das Beispiel des hl. Martin soll den Glauben der Kirchenbesucher stärken.
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